Offenes Haus für menschliche Begegnungen

Bitburg. (ae) Der Verein zur Betreuung muslimischer Mitbürger lud am dritten Oktober zu einem Tag der offenen Tür ein. Alle interessierten Gäste konnten sich anhand eines Vortrags und in Gesprächen über den Islam und seine Bedeutung für das Leben Gläubiger informieren.

Trotz der politischen Aktualität einer Auseinandersetzung mit dieser großen Weltreligion nutzten nur wenige Besucher die Möglichkeit zum Dialog. Schade, denn die Mitglieder der muslimischen Gemeinde hatten ihre ganze Gastfreundschaft aufgeboten, um für einen herzlichen Empfang zu sorgen. Schwellenangst war unangebracht, denn die Atmosphäre glich bei Kaffee, Kuchen und Gesprächen einem Familientreffen im großen Wohnzimmer. Zunächst jedoch befasste sich ein Vortrag Achmed Gehrmanns mit dem Friedensbegriff im Islam. "Islam heißt wörtlich: Frieden machen," erläuterte er. "Ziele unseres Glaubens sind: Eintreten für Toleranz und Menschenrechte, Freiheit im Glauben, das Recht seinen Lebensstil den Geboten anzupassen, und Schutz von Minderheiten." Gehrmann selbst war in den sechziger Jahren zum Islam übergetreten, denn: "Ich fand dort Antworten auf meine Fragen, die mir die christliche Kirche nicht geben konnte." In seinen Ausführungen machte er klar, dass es in der Friedenslehre des Islam keinerlei entschuldbare Begründung für Terrorismus und Krieg gebe. Der Koran sehe lediglich das Recht auf Notwehr vor, nicht aber Krieg mit dem Ziel der Ausbeutung, Unterdrückung oder Zwangsmissionierung. Extremisten seien schwarze Schafe, die den Begriff des Islam für ihre Zwecke missbrauchten.Gäste mit Wärme und Offenheit aufgenommen

Jussuf Zibula, gebürtiger Deutscher und verheiratet mit einer Sudanesin, war schon als Kind mit seinem Vater in arabischen Ländern unterwegs. "Dort wird man als Gast mit Wärme und Offenheit aufgenommen." An der Religion, die er selber angenommen hat, beeindruckt ihn vor allem das konsequente Leben, aber auch der Respekt vor dem Alter.Zwei Mitglieder einer christlichen Kirche in Bitburg, die zur Zeit des Irak-Kriegs am gemeinsamen Friedensgebet teilnahmen, empfinden die viel zitierte "Islamische Bedrohung" als Propaganda. "Wir haben von muslimischer Seite viel Toleranz und Weltoffenheit erfahren." Einen anderen deutschen Gast treibt der Wunsch nach menschlicher Begegnung in die Moschee: "Ich frage mich, auf welcher Ebene wir uns näher kommen können. Wo ist das Herz beteiligt?"Ans Herz gingen die Schilderungen von Rania Abdullah aus Bagdad, Englischlehrerin und Mutter von drei Kindern. Sie verließ ihre Heimat, weil sie für ein Leben im durch das internationale Embargo ausgebluteten Land keine Zukunft sah. "Wir hatten keine Medikamente, es gab noch nicht einmal mehr Papier und Stifte für den Schulunterricht." Sie, die sagt: "Bagdad war einfach alles für mich", hat schon drei Kriege erlebt. "Der letzte", sagt sie, "war kein normaler Krieg, wo eine Bombe entscheidet, ob du lebst oder stirbst. Da wurde unsere kulturelle Identität vernichtet". In Deutschland möchte sie einfach so genommen werden wie sie ist. Sie würde sich wünschen, von den Nachbarn gegrüßt zu werden, obwohl sie ein Kopftuch trägt. "Das Kopftuch gehört zu meinem persönlichen Glauben. Ich akzeptiere auch die Lebensweise meiner christlichen Freunde. Wichtig ist doch nur der Mensch."

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