Problemkind Hauptschule

Der Kreistag Bitburg-Prüm hat am Montag die neue sogenannte Perspektiv-Planung für Schulen und Kindertagesstätten im Eifelkreis zur Kenntnis genommen. Ergebnis: Kleine Grundschulen werden schließen, Realschulen und Gymnasien brummen, Regionalschulen stoßen an ihre Grenzen und Hauptschulen haben offenbar keine Zukunft.

Bitburg-Prüm. Das mit großer Spannung erwartete Gutachten "Perspektiv-Planung Schulen und Kindertagesstätten im Eifelkreis" ist am Montag dem Kreistag Bitburg-Prüm offiziell vorgestellt worden. Es enthält auf 238 Seiten eine Fülle von Zahlen und Grafiken, die sich unter anderem mit der Entwicklung der Schülerzahlen bis zum Jahr 2025 beschäftigen.Greifbare Ergebnisse brachte das erste Beschnuppern des 20 000 Euro teuren Papiers am Montag gleichwohl noch nicht. Autor Wolf Krämer-Mandeau von der Godesberger Projektgruppe Bildung und Region sprach eingangs von einem "spannenden Thema", das mit großer Gelassenheit, aber auch mit höchster Konzentration angepackt werden müsse. Zusammenfassend sagte der Experte, dass im Eifelkreis die Zahlen bei den Grundschulen deutlich nachgeben, sie bei den Realschulen in etwa gleich blieben und in den Gymnasien zum Teil explodieren würden.

Regionalschulen stoßen an Obergrenze

Ein Beispiel ist das Willibrord-Gymnasium in Bitburg, das aktuell unter akuter Raumnot leidet und nun vier zusätzliche Klassenräume erhält. Mittelfristig ist es sogar vorstellbar, dass diese Schule achtzügig wird. Was das Regino-Gymnasium in Prüm angeht, hält Krämer-Mandeau es für denkbar, von dort Klassen in die Wandalbert-Hauptschule zu verlagern. Und während die Regionalen Schulen an die Obergrenze stießen, treffe die Entwicklung besonders die Hauptschulen. Krämer-Mandeau: "Es ist die Frage, ob die Hauptschulen noch aufrechterhalten werden können." Die Regionalschulen hätten den Hauptschulen das Wasser abgegraben. "Der Todesstoß" für die Hauptschulen, wie Krämer-Mandeau es formulierte, komme über die Landkreise, die versucht hätten, über die Regionalschulen ein Schüler-Plus herauszuholen. Deshalb könne man für den Eifelkreis bereits jetzt prognostizieren, dass es bis auf die Matthias-Hauptschule in Bitburg bald nur noch einzügige Hauptschulen im Eifelkreis geben werde. Vor dem Hintergrund gelte es für den Kreis entsprechend, mit den Verbandsgemeinden als Träger dieser Einrichtungen zusammenzuarbeiten.

Nach dem Gutachten Entscheidungen treffen

An der Stelle ging Wolf Krämer-Mandeau aber noch weiter: "Das Schulsystem implodiert." In der Fläche werde es künftig womöglich keine weiterführenden Schulen mehr geben. Deshalb riet er den Kommunalpolitikern zu "Koalitionen der Vernunft", um so den einen oder anderen peripheren Standort noch halten zu können. Ansonsten liefe alles auf die Zentren Bitburg und Prüm hinaus.

Der Aussprache merkte man sehr deutlich an, dass es noch viel Diskussionsbedarf gibt. Das sieht auch Landrat Roger Graef so, der dazu ermutigte, sich dem Thema zu stellen, schließlich könne man nun auf - wenn auch teils erschreckende - Zahlen zurückgreifen. Graef: "Und die lügen nicht." Während SPD-Fraktionschef Bernd Spindler sich aus der ersten Perspektiv-Vorstellung mehr Handlungsalternativen erwartet hat, sagte Michael Billen (CDU), der Kampf der Schulen um die Schüler sei gefährlich.

Gerhard Mittler (CDU) brach eine Lanze für die Hauptschulen und erinnerte an das aktuelle Berufsorientierungsprojekt "Lernpartnerschaften". Mittler warnte davor, typische Hauptschulkinder in andere Systeme zu zwingen.

Auf kommunaler Ebene sollen nun Gespräche aufgenommen werden, um konkrete Entscheidungen anhand des Gutachtens einzuleiten.

Meinung

Unpopuläre Entscheidungen

Man mag das Gejammer um den demografischen Faktor kaum mehr hören. Das Einzige, was zählt, sind ohnehin nur harte Fakten. Zudem ist festzuhalten, dass wir uns die Bevölkerungsentwicklung, so wie wir sie derzeit vorfinden, selbst zuzuschreiben haben, also müssen wir auch mit den Folgen fertig werden. Mit Blick auf die Entwicklung der Schullandschaft liegen die harten Fakten nun auf dem Tisch. Von daher ist es sehr einfach, mit Blick auf die Zukunft ebenso plausible wie flotte Entscheidungen zu treffen. So ist zum Beispiel der Gutachter-Vorschlag, Klassen des Regino-Gymnasiums Prüm an die Wandalbert-Hauptschule zu verlagern, zwar nicht gerade graziös, aber ungeheuer pragmatisch und rational. Auf die Versachlichung der Dinge wird es ohnehin ankommen, wenn in den nächsten Jahren die ersten Grund- und Hauptschulen dichtgemacht werden (müssen). Dann kann man in der Tat ohnehin nur noch eine Art von Flächen-Kosmetik betreiben in der Form, dass die eine oder andere Einrichtung vielleicht doch noch auf dem flachen Lande bleibt. Trotz der Wichtigkeit, der Komplexität und der ungeheuren Bedeutung dieses Themas für die Struktur der Landkreise darf der Faktor Mensch indes nicht außer Acht gelassen werden. Es gibt inzwischen viele Schulen, in denen der Frust-Faktor nicht nur bei den Schülern bedenklich hoch ist. Wenn es nämlich nicht auf die Schnelle gelingt, beispielsweise den Hauptschulen die ihnen zustehende Bedeutung und das dazugehörige Selbstbewusstsein zu geben, sieht es um diesen Zweig mehr als schlecht aus. Mal ehrlich: Wer möchte auch schon gerne Schüler (oder Lehrer) einer Einrichtung sein, die im Bildungsladen der Republik allgemein als Restposten feilgeboten wird? m.reuter@volksfreund.de

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