"Toll sieht du aus, wirklich!"

IRREL. (mr) Einen Parteitag kann man von mehreren Seiten beleuchten: nüchtern nachrichtlich, in Zahlen, rein inhaltlich und kommentierend. Interessant ist aber auch stets, was sich am Rande einer Veranstaltung, die auf rund 250 Personen zugeschnitten ist, ereignet.

Die Gemeindehalle in Irrel: An dem Zweckbau in der Mitte des Orts zeugen großflächige Fahnen schon von Weitem davon, welcher Wind an diesem Tag dort weht. Bereits um 9.40 Uhr trudeln die ersten Mitglieder ein, passieren das Bistro, laufen vorbei an Plakaten, die den Musiker Rocco ankündigen und auf ein Benefiz-Konzert mit dem Gospel-Chor Spangdahlem hinweisen. Small Talk hier, kleiner Plausch da, auch am Pressetisch, wo Mathilde Weinandy auf den Startschuss des Vorsitzenden wartet. Da kommt auch Hans Tölkes vorbei, ganz leger mit Zigarre: "Oh, Joop!", pafft er mit Blick auf Weinandys neues Outfit. Ja, der in warmem Ocker gehaltene Blouson zieht die Blicke auf sich. In der Tat: Mathilde Weinandy hat sich für heute vom dunklen Kostüm getrennt, was auch Michael Horper auffällt: "Was bist du schick! Toll sieht du aus, wirklich!". Also auch der Bauernpräsident lässt sich nicht lumpen. Geschäftsstellenchefin Maria Servas hingegen hat es eilig: Mit dem Handy am Ohr läuft sie durch die Halle, inspiziert noch einmal den Vorstandstisch, bevor sie um 10.05 auch das Namensschild von Peter Rauen positioniert. Aha, er kommt also doch. Die schwarz-rot-goldenen Unions-Fähnchen auf den Tischen bekommen unterdessen Gesellschaft, der Saal füllt sich. Auf der Empore hat der Techniker alles im Griff, der Video-Beamer gibt unten auf der Leinwand in bunten Lettern schon einmal das Motto vor: "Zukunft, menschlich, CDU Bitburg-Prüm. Alles spricht dafür". Dann endlich geht es los. Michael Billen begrüßt - besonders herzlich - Peter Rauen, Mathilde Weinandy, Roger Graef und Hans Tölkes. Alles ist professionell vorbereitet, auch Gastredner Ernst Ziwes. Er spricht eines der kürzesten Grußworte, die es je gegeben hat: "Ich hoffe, dass Sie heute alle die richtigen und gute Entscheidungen für die CDU treffen." Auf der Bühne redet sich kurze Zeit später Michael Billen in Rage, fordert ein Alternativ-Konzept, um sich eindeutig von Rot-Grün abzugrenzen, nennt sich einen "freien Bauern" und bekennt, dass es wirklich keinen Unterschied mache, ob man nun "im Islek oder im Bekov" geboren worden sei. Auch Patrick Schnieder zeigt heute sein Kämpferherz. Der längste im Saal (2,02 Meter) greift das Thema Innere Sicherheit auf und echauffiert sich noch einmal wegen der Bezeichnung Rattenfänger, die Monika Fink dem großen Vorsitzenden erst kürzlich anhängte. Und während Hermann Schlösser bekennt, dass sich ihm beim Thema Innere Sicherheit die Haare sträuben, fordert Michael Ludwig: "Wir müssen endlich aufhören damit, dass die Bürger denken, in der Politik könnte man nichts bewegen." Applaus. Dann beginnt der Wahlmarathon. "Das ist erkennbar nicht der Fall" hallt immer wieder von der Bühne, wenn gilt, Fragen zu beantworten wie: "Gibt es weitere Vorschläge?" oder "Wird Personaldiskussion gewünscht?". In der Tat: Erkennbar ist dies wirklich nie der Fall. Gegen 13 Uhr gibt es Mittagessen. Die Christdemokraten stärken sich bei Gemüse-Lasagne, Kassler und Sauerkraut, während die Lautsprecher deftige Blasmusik ausspucken. "So, dann ist jetzt die bayrische Atmosphäre hergestellt", freut sich Michael Billen und trinkt mit Ingolf Bermes ein Bier. Alles ist gut. Bis auf die Platte im CD-Spieler - der Trompeter hat einen gewaltigen Hänger. Kann passieren. Der Techniker kommt schnell, löst das Problem und schiebt eine neue Scheibe rein: "Ti amo". Alle haben sich lieb. Auch am Nachmittag. Da gilt es, immerhin 42 Kandidaten auf der Kreistagsliste zu positionieren. Aber auch das läuft wie am Schnürchen: keine Gegenvorschläge, keine Personaldiskussion, was bedeutet, dass Michael Billen an diesem Tag insgesamt genau 91 Mal "das ist erkennbar nicht der Fall" gesagt haben wird. "Das ist erkennbar der Fall" (auf die Frage, ob alle Stimmzettel eingesammelt sind) bringt es derweil lediglich auf 27 Treffer. Ja, es geht auch lustig zu: Als Wolfgang Faber die abwesende Marlene Reichert vorstellt, unterstreicht Michael Billen: "Das ist mit absoluter Sicherheit nicht Marlene Reichert." Das weiß natürlich der Obsthändler aus Herforst selbst und kontert: "Es ist auch sicher, dass ich nicht der Frauen-Union angehöre." Dankbarer Applaus. Auch nach dem Schlusswort um 16 Uhr, als Michael Billen die Unionsmitglieder bittet, sich für das Lied der Deutschen von den Stühlen zu erheben. "Einigkeit und Recht und Freiheit", viele singen mit, aus voller Überzeugung. Denn sie wissen: Frei sind sie, Unrechtes haben sie auch nicht getan - und einig waren sie sich heute besonders.

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