Verkündung des Ruhestands vertagt

Mit seinem 70. Geburtstag hat der Bitburger Rechtsanwalt Günther Grün den Rückzug aus seinem Berufsleben eingeleitet. Doch so einfach aufhören kann und will der promovierte Jurist noch lange nicht. Der Grund dafür liegt für Grün auf der Hand: "Ich mache, was ich angefangen habe, auch zu Ende."

 Die Interessen anderer will Günther Grün auch weiterhin vor Gericht vertreten. TV-Foto: Uwe Hentschel

Die Interessen anderer will Günther Grün auch weiterhin vor Gericht vertreten. TV-Foto: Uwe Hentschel

Bitburg. Normalerweise käme der Anwalt jetzt so langsam ins Schwitzen. Es ist ein Mittwochvormittag im Juli. Ein Tag, an dem das kleine Klimagerät in der Ecke des großen Büros leise brummen würde, um damit das Arbeiten erträglicher zu machen. Denn die große Fensterfront im dritten Stock des Bitburger "Volksbank"-Gebäudes ermöglicht nicht nur ausschweifende Blicke nach außen, sondern lässt auch viel Sonne nach innen. Doch der Himmel ist bewölkt, der Juli bisher verregnet und Rechtsanwalt Günther Grün ohnehin dabei, seinen Platz an der Sonne aufzugeben - "an die Generation, die im Schatten gestanden hat und jetzt an die Front muss", sagt der Mann, der vor Kurzem sein 69. Lebensjahr vollendet und den Rückzug von der Front in den verdienten Ruhestand angetreten hat.Bis er dort angekommen ist, wird es allerdings noch einige Zeit dauern. "Man kann sich aus einem Büro nicht so einfach verabschieden", sagt der Jurist. Schließlich gebe es Fälle, die er noch nicht abgeschlossen habe. Zwar sei er bereits Ende Juni aus seiner Kanzlei als Gesellschafter ausgetreten, "aber Sie sehen ja: Ich sitze noch hier".Doch irgendwann wird er den Schreibtisch räumen. Wahrscheinlich werde sein Büro zukünftig als Besprechungsraum genutzt, sagt er, und als Bibliothek. Schließlich werden bereits jetzt zwei Wände fast ausschließlich von Bücherregalen mit Fachliteratur verdeckt. "Die Bilder nehme ich aber natürlich mit", sagt Grün. Und die Pokale, die auf der Bücherwand stehen, wahrscheinlich auch. Die hat Grün nicht vor Gericht gewonnen, sondern im Motorsport. Ein Hobby aus seinen jüngeren Jahren, dem er schon lange nicht mehr nachgeht. Im Ruhestand wird das Geigenspiel gepflegt

Geblieben sei jedoch die Liebe zur Musik, sagt der Anwalt und Vater einer Juristin, der sich zukünftig wieder mehr dem Klavier und vor allem der Geige widmen will. "Ich freue mich darauf, weil es ein Disziplinieren des Verstands ist", erklärt der 70-Jährige, "und das ist in der Vergangenheit viel zu kurz gekommen." Doch an einen allzu festen Platz zwischen Kinn und Schulter des Anwalts sollte sich das Saiteninstrument vorerst nicht gewöhnen, schließlich ist der Anwalt auch weiterhin für "seine" Kanzlei tätig: als freier Mitarbeiter. "Das ist limitiert auf zehn bis zwölf Stunden", sagt Grün, "falls noch ein paar große Fälle kommen." Auch wenn er davon bereits mehr als genug hatte. Einige davon gegen die Bundesrepublik. Mit Erfolg, zum Beispiel im Verfahren der Lärmgegner im Umfeld der Airbase Spangdahlem. "Immer wieder die Auseinandersetzung mit dem Staat - da geht ja keiner gerne ran", sagt Grün. "Doch ich hatte meine Freude daran, gegen den Riesen anzutreten." Der Riese selbst verlieh dem Anwalt aus der Eifel 1996 das Bundesverdienstkreuz.Er habe stets versucht, aus einer schlechten Situation das Beste zu machen, blickt der Anwalt selbstbewusst auf sein bisheriges Berufsleben zurück, räumt allerdings auch ein, dass er im Gegensatz zu vielen Kollegen seines Berufsstands nicht darauf angewiesen gewesen sei, jedes Mandat anzunehmen. Doch auch wenn der Anwalt und Richter auf Lebenszeit erfolgreich war: Um das ganz große Geld sei es nie gegangen, betont er. Davon hätte er in Moers, wo er 1970 nach seiner Richtertätigkeit fast ein Jahr in einer großen Anwaltskanzlei gearbeitet hat, deutlich mehr haben können. Doch Grün zog es wieder zurück nach Bitburg, wo er sich dann schließlich selbstständig machte. "Ich bin schließlich ein Eifeler, und ich wollte einfach zurück."

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