Wenn aus Feinden Freunde werden

Bitburg/Spangdahlem · Nachbarn, Freunde, Kunden, Auftraggeber und Bündnispartner: Zwischen den Militärangehörigen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Spangdahlem und den Eifelern gibt es vielerlei Beziehungen, die der Verein Host Nation Council zu hegen und pflegen sucht. Der TV hat nachgefragt, was den Lobbyverein 2016 bewegt.

 Airbase Spangdahlem, Stand September 2015. TV-Foto: Klaus Kimmling

Airbase Spangdahlem, Stand September 2015. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: Klaus Kimmling

Vor 63 Jahren installierten die Amerikaner mit der US-Airbase Spangdahlem eine bedeutende Institution in der Eifel. Welchen Wert der US-Luftwaffenstützpunkt wirtschaftlich für die Region hat, kann niemand so genau beziffern. Doch fest steht: Etwa 800 deutsche Zivilbeschäftige arbeiten auf dem Flugplatz und auch für das Überleben unzähliger heimischer Betriebe ist er seit jeher unverzichtbar. "Aber selbst die Tatsache, dass die Amerikaner ständig in den Ausbau des Luftwaffenstützpunktes investieren, ist keine Standortgarantie", meint Jan Niewodniczanski, Vorstandsvorsitzender des Host Nation Councils (HNC). Wie Niewodniczanski, einer der Geschäftsführer der Bitburger Brauerei, engagieren sich im Verein HNC, der 2003 gegründet wurde, noch viele weitere Vertreter der heimischen Wirtschaft sowie Privatpersonen und auch 44 Kommunen. Ihr gemeinsames Anliegen: der Fortbestand der Eifel-Airbase. Der TV hat Vorstandsvorsitzenden Niewodniczanski zu einem Gespräch im Büro des Vereins, der auch ein Kontaktbüro für die Airmen auf dem Flugplatz betreibt, in Bitburg getroffen.

Standort: Wie ist es 2016 um den US-Militärstützpunkt in der Eifel bestellt, während die Spannungen zwischen Ost und West durch den Ukraine-Konfllikt steigen und der Kampf gegen den Islamischen Staat mittlerweile mehr und mehr Nato-Bündnispartner in seinen Bann zieht? "Jeden Tag werden von Spangdahlem aktive Einsätze nach Syrien geflogen, da braucht man sich nichts vorzumachen", sagt Niewodniczanski. "Spangdahlem ist auch Drehkreuz für große Mengen militärischer Luftfracht." Der strategische Wert der Base liege vor allem in der Tatsache begründet, dass sie in einer günstigen Flugentfernung zur Ostküste der USA liege, erklärt Lothar Herres, Geschäftsführer des HNC. Herres: "Das sind etwa 3000 nautische Meilen. Diese Distanz zur USA haben viele europäische Flugplätze der US-Airforce." Doch so ein US-Luftwaffenstützpunkt kann sich nach Aussage von Herres auch mal schnell selbst in Luft auflösen. "Sollte sich die geopolitische Lage eines Tages verändern, reagiert das US-Militär schnell. Standorte können schnell wackeln." Momentan brauche sich da aber niemand Sorgen zu machen, sagt Niewodniczanski. "Bis 2019 investieren die auf der Base weitere 400 Millionen Euro in Hangarsanierungen, das Hospital sowie die Verlagerung von Schulen."

Beziehungen: Damit sich die Amerikaner in der Eifel wohlfühlen, organisiert der Verein kulturelle Events und betreibt ein Kontaktbüro direkt auf dem Flugplatz. "Eigentlich könnten die sich autonom versorgen und bräuchten die Base gar nicht zu verlassen", sagt Niewodniczanski. Für die Region sei es aber wichtig, dass die "Amis aus der Base rauskommen". Der Verein versuche das mit einer Reihe von Veranstaltungen wie Wandertagen oder dem Schüleraustauschprogramm, bei dem Kontakte zwischen Jugendlichen beider Nationen entstehen, zu unterstützen.

Geschäfte: Dass sich die Amerikaner in der Eifel wohlfühlen, ist wohl auch für geschäftliche Beziehungen von Bedeutung. Wie sensibel das wirtschaftliche Gefüge ist, zeigten die Auswirkungen einer neuen Kleiderordnung für Militärangehörige auf der Base (der TV berichtete). Seit Sommer 2015 dürfen die Airmen den Flugplatz aus Sicherheitsgründen nur noch in ziviler Kleidung verlassen. Seitdem verbringen viele Airmen ihre Mittagspause nur noch auf dem Stützpunkt, statt sich umzuziehen und die Mittagspause in einem Restaurant der Umgebung zu verbringen. Das sorgte bei vielen Betrieben im Umland für Unmut. Im Interesse stabiler wirtschaftlicher Beziehungen engagieren sich im HNC deshalb auch 50 Unternehmer wie BMW-Händler Edgar Bujara aus Bitburg.

"Ich verkaufe etwa 60 bis 80 Neuwagen im Jahr an Amerikaner. Für unsere Region möchte ich mir wirtschaftlich gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn die eines Tages nicht mehr da sein sollten." Niewodniczanski: "Ein Zehntel meiner Freunde im sozialen Netzwerk Facebook sind durch die Kontakte im HNC inzwischen US-Amerikaner. Die fragen mich zum Beispiel, wo sie in den USA unser Bier kaufen können."

Dennoch stünden die wirtschaftlichen Interessen für ihn persönlich nicht im Vordergrund, sagt der Brauerei-Geschäftsführer.

Mitglieder: Doch ungeachtet der von den Vereinsmitgliedern genannten Gründe, die für eine Mitgliedschaft im Host Nation Council sprechen: In jüngster Vergangenheit haben knapp 20 Kommunen dem Lobbyverein den Rücken gekehrt. Herres: "Das ist eine Auswirkung des kommunalen Entschuldungsfonds, der viele Kommunen dazu zwingt, freiwillige Ausgaben zu streichen." Der Ortsbürgermeister einer ausgetretenen Kommune, der namentlich nicht genannt werden möchte, erklärt dem TV dagegen, sein Gemeinderat habe den Entschluss in Reaktion auf den Abhörskandal der NSA gefasst. Ganz gleich, weswegen manche Gefährten den HNC verlassen haben, der Verein sucht immer neuen Mitglieder. Firmen sowie Ortsgemeinden ab 100 Einwohner zahlen 100 Euro Jahresbeitrag, Privatpersonen 30 Euro. Keise wie den Eifelkreis kostet ihr Engagement 2500 Euro im Jahr. Die Stadt Bitburg dagegen zahlt jährlich einen Beitrag von 1000 Euro.

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