Wozu die ganze Aufregung?

BITBURG. "Ihr Prümer übertreibt mal wieder völlig." Mit keinem anderen Satz konnte ich den Kollegen Manfred Reuter derart auf die Palme bringen. Er ist halt Prümer und versteht noch heute beim Thema Gebietsreform nur sehr bedingt Spaß.

Wann es genau war, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls kamen Leute aus einer scheinbar entscheidenden Sitzung in Bitburg ins Prümer Konvikt, in dem ich damals Schüler war und murmelten etwas davon, dass nun die Prümer endgültig an die Bitburger verkauft worden seien. Ich wusste am Rande, worum es ging, aber obwohl ich mich ja quasi in Feindesland befand, hatte ich als Schüler andere Sorgen, als eine abstrakte Kreisreform gut oder schlecht zu finden. Das blieb so bis zum 1. April 1987, als ichTV -Kreisredakteur in Bitburg wurde. Seitdem begegnete mir das Thema Gebietsreform beinahe täglich und in den unterschiedlichsten Facetten. Egal ob es um Kreisstraßenbau, Postenbesetzungen, Parteivorstände, Listen für Wahlen, Sparkassen-Aufsichtsräte oder um ganz banale Dinge ging: Regionale Ausgewogenheit war stets oberstes Gebot. Sachgerecht war das längst nicht immer, aber über lange Jahre ein ungeschriebenes Gesetz. Und weil dieses Thema, das scheinbar das wichtigste von allen war, mir permanent begegnete, unterhielt ich mich mit den alten Haudegen, ließ mir erzählen, wie denn die Kreise Bitburg und Prüm untergegangen und als Kreis Bitburg-Prüm wieder auferstanden waren. Und dass ein Teil der Oberen Kyll zum Kreis Prüm gehört hatte und in Richtung Daun gewandert war. Ich lernte bei dieser Gelegenheit auch, dass der Kreis Daun eigentlich viel zu klein und nur deshalb vorhanden war, weil sich ein gewisser Julius Saxler mit List, Tücke und sehr erfolgreich beim damaligen Ministerpräsidenten Helmut Kohl für den kleinen und seitdem ständig bankrotten Kreis Daun eingesetzt hatte. Verständnislos sah ich zu, wie permanent auf dieser Gebietsreform herumgeritten wurde. Für mich war das ein längst abgeschlossenes Kapitel, Jahrzehnte her - wozu diese permanente Wallung? Zumal die Prümer gar nicht so schlecht weggekommen waren. Das Kreiswasserwerk war dort angesiedelt, das Katasteramt und vieles andere, und so etwas ähnliches wie eine Kreisaußenstelle - auch wenn die nicht so hieß - gab es damals wie heute in der Abteistadt auch. Irgendwie schienen die Prümer dem eigenen Landrat, der eigenen Kreisverwaltung nachzutrauern. Das Gefühl über den Tisch gezogen worden zu sein, war unausrottbar und selbst mein ansonsten sehr besonnener und mir freundschaftlich zugetaner Kollege Manfred Reuter keifte und fluchte, wenn ich wieder mal meine Erkenntnis zum Besten gab, dass ich diesen ganzen Zinnober kein bisschen verstünde. Und als es dann tatsächlich darum ging, dass Prüm eine offizielle eigene Kreisaußenstelle bekommen sollte, verstand ich die Welt nicht mehr. Der Kreis war bankrott, aber Prüm pochte auf das teure Prestigeobjekt und Manfred Reuter pochte mit. Wie kann man nur eine Verwaltung derart lieben, zu der man nur geht, wenn man muss und das muss man Gottseidank eher selten? Aber nicht nur bei dieser Gelegenheit kam ich zu der Erkenntnis: Manche Prümer ticken völlig anders. Immer noch traumatisiert von der für sie unseligen Gebietsreform. Wann endlich würden sie begreifen, dass es sowieso nur eine Eifel gibt, auch wenn die Kirchturmsdenker in allen Eifeler Himmelsrichtungen sie in unzählige Gebiete untergliedert haben - so lange, bis kein Holländer mehr wusste, in welcher Eifel er sich gerade befand. Ihm war es, im Gegensatz zu vielen Einheimischen, ohnehin vollkommen egal. Hauptsache schön hier, und das ist es in jedem Ecken und im Norden des Kreises ganz besonders. Doch das Thema Gebietsreform ließ besonders Eifrige aus dem Prümer Land auch beim Thema Landwirtschaftsschule nicht los. Wenn man schon bei der Gebietsreform zahlreiche Einrichtungen verloren habe, müsse die Schule in Prüm bleiben, hieß es immer wieder. Auch in der Eifelausgabe desVolksfreunds tobte die Schlacht. "Leben in Rest-Strukturen" schrieb Mani Reuter seinerzeit, als es um die Standort-Entscheidung ging. Mit "Unnötige Aufregung" hielt ich in einem Kommentar und der gleichenTV -Ausgabe dagegen. Dem Freund aus dem Nordkreis war nicht beizubiegen, dass die Bitburg-Prümer in dieser Frage ohnehin nur zwei Möglichkeiten hatten. Entweder die Einrichtung ging in den Wittlicher oder Trierer Raum oder sie kam nach Bitburg. Aber mir schien, dass das manch einem Prümer egal war. Wenn die Schule schon nicht in der Abteistadt bleiben konnte, dann durfte sie auf keinen Fall nach Bitburg. Die Aufregung hat sich längst gelegt und Chef der Schule ist ein Prümer. Na also, geht doch.Baden-Württemberger waren cleverer

In Momenten wie diesen dachte ich immer sehnsüchtig an die viel clevereren Baden-Württemberger. Sie hatten bei ihrer Gebietsreform Kreisstädte festgelegt und Gemeinden, die diesen Status verloren, kurzerhand in große Kreisstädte umbenannt. Diese Orte hatten dann zwar auch keine Kreisverwaltung mehr, aber dafür einen schmucken Titel. Große Kreisstadt Prüm, das wäre doch was fürs gekränkte Nordeifel-Herz, oder? Ach ja, in einen Punkt bestand schon immer Einigkeit zwischen Bitburg und Prüm: Das beste Pils kommt aus der Südeifel. Es heißt Bitburger, nicht Prümer. Zum Wohl! Welche Meinung haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, zur Gebietsreform der 70er Jahre und der Zusammenlegung der beiden Kreise? Schreiben Sie uns in aller Kürze per E-Mail unter eifel-echo@volksfreund.de. Sie können auch faxen unter 06551/959539.

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