Zentimeter-Arbeit für eine müllfreie Stadt

BITBURG-PRÜM. Manche rümpfen die Nase wegen des Gestanks, wenn das Müllauto vorbei kommt. Aber alle freuen sich, wenn ihre Hausabfalltonne geleert ist. Der TV hat sich das Spannungsfeld Müllabfuhr aus nächster Nähe angeschaut.

6.35 Uhr, Mötscher Straße in Bitburg. Ein 15-Tonner der vom Kreis beauftragten Entsorgungsfirma Awu aus Oberweiler stoppt. Noch etwas unbeholfen erklimmt der TV -Reporter zum ersten Mal die Stufen zum Beifahrersitz des LKW. "Schöne Aussicht von hier oben, oder?", fragt Fahrer Jürgen Heltemes (31). Stimmt. Diese Aussicht wird durch großflächige Rückspiegel und eine Kamera noch entscheidend erweitert. Ein Monitor zeigt den Ladebereich der Mülltonnen - der Arbeitsplatz von Alexander Günter. Der 40-jährige ist erst seit drei Tagen dabei, kommt aber schon flott zurecht. Mittels Handzeichen verständigen sich die beiden Männer. Reibungsloses Zusammenspiel bringt nicht nur wertvolle Zeit, sondern auch Sicherheit bei dem nicht ungefährlichen Job mitten im fließenden Verkehr (siehe Hintergrund) . Ihrer Rolle als wandelndes Verkehrshindernis sind sich die Awu-Mitarbeiter durchaus bewusst. Doch sie wollen auch einmal die andere Seite zeigen, Verständnis wecken für ihre Aufgabe. "Die Hauptverkehrsstraßen fahren wir bewusst schon frühmorgens an, wenn noch nicht so viel los ist", erklärt Heltemes. Dennoch kommt es immer wieder zu teilweise haarsträubenden Situationen. Ungeduldige Autofahrer überholen an unmöglichen Stellen. Für den LKW-Fahrer zunächst kaum sichtbare Rollerfahrer schießen aus dem Nichts vorbei, gefährden sich und andere. In der Prälat-Benz-Straße muss der LKW ein Stück auf die Gegenfahrbahn ausweichen. Prompt kommt ein BMW entgegen - Heltemes lässt ihn noch schnell durch. In der Stockstraße hält er sich möglichst rechts, damit nachfolgende Wagen überholen können. "Die meisten Leute haben Verständnis, denn sie sehen, dass es manchmal eben nicht weiter geht", sagt Heltemes. Wenn etliche Tonnen an einer Haltestelle zu entleeren sind, steigt der Fahrer aus und hilft mit. Das Führerhaus ist so etwas wie sein Büro. Zur erweiterten Ausstattung gehören zwei Plüsch-Schweinchen, ein Fotokalender, zwei Kühltaschen und Regen-Capes. Letztere bleiben an diesem Morgen zum Glück unbenutzt.Und wieder steht der Alfa im Weg

Weniger Glück hat das Team am Baumschulweg. "Der berühmte Alfa Romeo" - unter den Kollegen schon ein geflügeltes Wort - parkt wieder einmal an einer Engstelle auf der Fahrbahn. Trotz mehrfachem Hinweis schafft der Alfa-Fahrer es nicht, seinen Wagen beim Entsorgungstermin ausnahmsweise woanders abzustellen. Die Müllabfuhr muss sich gleich zweimal im Schneckentempo vorbei quälen. Zentimeter-Arbeit ist auch gefragt beim Zurücksetzen in eine Stichgasse der Straße "Am Wiesenborn". Im zweiten Anlauf meistert Heltemes die Problemstelle. Immer wieder ärgern sich die Awu-Mitarbeiter über Tonnen, die sie erst von Höfen und hinter Autos hervor rollen müssen. Vor einigen Wochen hatte sich ein Bürger beschwert, weil beim Entleeren der Tonnen übel riechende Wasserlachen zurückgeblieben waren (der TV berichtete). "Kein Wunder, wenn manche Leute in großem Stil Flüssigkeiten und Essensreste in die Tonnen füllen", sagt Heltemes. Vor Gastronomiebetrieben ist das häufig zu beobachten. So findet sich etwa in der Stockstraße eine Tonne voller Kohlköpfe, obwohl Bürger Grüngutabfälle bei Annahmestellen kostenlos abgeben können. Als Heltemes an seiner Wohnung vorbei kommt, muss er kurz aussteigen. "Ich hab' tatsächlich vergessen, meine eigene Tonne rauszustellen", stellt Heltemes fest und holt das Versäumte flugs nach. Die finale Herausforderung wartet gegenüber vom Krankenhaus. Der Fahrer setzt zunächst in eine Sackgasse zurück. Beim Ausfahren in die Bergstraße machen Mittelbaken ein einfaches Rechtsabbiegen jedoch unmöglich. Zu allem Überfluss wollen gleichzeitig auch noch zwei Autofahrer in die Sackgasse einscheren. Mit der nötigen Gelassenheit und fahrerischem Können meistert Heltemes auch diese Situation - und setzt den Reporter heil wieder ab.

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