Nicht ungeprüft aufspringen

Zum Artikel "Ein Riesengewinn für die Kinder" (TV, 6. Februar) meint diese Leserin:

Ein "Riesengewinn für die Kinder" sei die Einführung eines Beobachtungssystems, das die zwei Kitas im Raum Trier umsetzen, die von Doris Ahnen autorisiert werden, ihr Konzept anderen Kindertagesstätten "vorzuzeigen". Worin der Gewinn für die Kinder besteht, wird nicht erzählt. Gerne ergänze ich die Nachteile für Kinder, wenn Kitas euphorisch auf den Zug springen, der vom Deutschen Jugendinstitut und von dem zuständigen Ministerium gefahren wird. Es gilt als besonders pädagogisch wertvoll, Kinder in Kindertagesstätten ausdauernd und offen, das heißt mit deren Wissen und Erlaubnis, zu beobachten. Die Mitschriften werden dann zu "Learning stories" verfasst, die ebenso wie Fotos vom Kind, Interviews und Steckbriefe in Mappen gesammelt werden. Da vergeht bei 20 so "dokumentierten" Kindern pro Gruppe sehr viel distanzierte Beobachtungs-, Schreib-, Fotografier- und Dokumentationszeit, bis sich überhaupt pädagogische Konsequenzen ergeben können. Dem Beobachter von außen drängt sich der Eindruck auf, dass in den Vorzeige-Einrichtungen das Verhältnis zwischen Beobachtung und Förderung nicht im Lot ist. Ein auf die persönliche Entwicklung des Kindes ausgerichtetes Beobachtungskonzept wie die ministeriell unterstützen Bildungs- und Lerngeschichten sind bei der Gruppengröße und dem Personalschlüssel in Kitas nur umsetzbar, wenn Abstriche an die Förderung von Kindern gemacht werden. Alles andere ist Augenwischerei. Beobachtung darf kein Selbstzweck sein, sie steht im Dienste der Erziehung, Bildung und Förderung . Und das ist die Hauptaufgabe von Erzieherinnen. Schade, dass wieder einmal die schnelle Anpassung an pädagogische Trends mit viel Geld honoriert wird. Vorzeigen sollte man Einrichtungen, die Trends nicht unhinterfragt einführen - um sie dann nicht wieder abschaffen zu müssen. Veronika Verbeek, Trier Erziehung

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