Wie der Kaffee in die Milch kommt

PRONSFELD. Nicht nur beim Bier wird derzeit kräftig gemixt. Mischgetränke finden auch bei der Milch immer mehr Anhänger. Wie es zu neuen Produkten kommt, und welche Geschmäcker derzeit besonders beliebt sind, zeigt ein Blick in die Produktentwicklung bei der Milch-Union Hocheifel (Muh).

Rudolf Boos ist ein echter Milch-Typ - auch wenn er gern mal ein Glas Bier trinkt. Wenn der Leiter der Produktentwicklung bei der Muh seinen Arbeitstag beendet hat, hat er mehrmals täglich ein Glas Milch getrunken, hat eigene Produkte getestet und Getränke der Konkurrenz geprüft. "Das ist mein Job, immer wieder zu probieren, die Entwicklung durch Erhitzung zu testen und neue Rezepturen zu erfinden", sagt der Molkereimeister. Denn Milch ist ein empfindliches Nahrungsmittel, auch wenn wie bei der Eifeler Molkerei ausschließlich wärmebehandelte Produkte hergestellt werden - immerhin vier Millionen Packungen am Tag in vier Schichten von 650 Mitarbeitern. Fettgehalt, Gefrierpunkt, Partikelgröße, Dichte, PH-Wert und andere Werte müssen stimmen, bevor Produktionschargen in die Weiterverarbeitung gehen. Doch davor steht die Produktentwicklung. Mit rund 200 Substanzen, Aromen, Stabilisatoren, Emulgatoren, Zucker und Farbstoffen arbeitet Rudolf Boos mit seinem Vier-Mann-Team daran, aus Milch einen Milchkaffee, eine Erdbeer-Milch oder einen Schoko-Trunk zu machen. "In diesem Jahr gab es 17 neue Rezepturen, von denen etwa zwei auf den Markt kommen", sagt Boos. Milchmischgetränke machen acht Prozent vom Absatz der Muh aus, H-Milch, Kondensmilch und H-Sahne halten den Löwenanteil. Beispiel lactosefreie Milch: Experten gehen davon aus, dass rund 15 Prozent der Bevölkerung unter einer so genannten Milcheiweiß-Unterträglichkeit leiden und auf Milch und Milchprodukte mit Magenkrämpfen und Durchfall reagieren. "Diese Erkenntnis wurde bislang nicht vermarktet, aber es gibt Potenzial", sagt der Produktentwickler und verweist auf eine spezielle Katzenmilch, die die Muh nach ähnlichem Verfahren bereits seit sechs Jahren herstellt. Nun aber gebe es mehr Wissen über Lactose-Intoleranz, so dass sich auch eine Vermarktung lactosefreier Produkte für den Menschen und der Einsatz einer neuen Technologie lohne. Beispiel Eiskaffee: Während die meisten Produkte über einige Monate hinweg ausgetüftelt werden, braucht es wie beim Milchkaffee schon mal etwas länger. Über ein Jahr lang hat Rudolf Boos mit seinem Team zehn Varianten entwickelt, Kaffeesorten getestet, Süßungsgrade und Farbstoffe abgewogen. Eine Pilotanlage hat Test-Chargen von 1000 Litern produziert und verpackt. Es gibt Lagertests in Echtzeit und in Bruträumen, die die Milch vor allem auf Hitze prüfen. Eine Blindverkostung unter Mitarbeitern aus Produktion, Vertrieb und Führung bringt später die Favoriten an den Tag, ehe die Top-Varianten den Kunden erreichen. "Da wir ein Handelsmarken-Spezialist sind, wissen vor allem die Discounter, was ankommt", sagt Wolfgang Rommel, Muh-Leiter Marketing und Kommunikation. Ob die neue Wintermilch - zwei Saison-Produkte mit Pflaume-Zimt und Nuss-Nougat - in den kommenden Wochen ankommt, muss sich noch zeigen. Erst wenn mindestens 100 000 Packungen verkauft sind, mag Boos von einem Erfolg sprechen. "Der Markt ist vielschichtig, es gibt viele Eintagsfliegen", sagt Rommel. Und Boos ergänzt: "Wir sind aber offen für Anfragen und halten selbst die Augen offen." Sein ganz persönlicher Milch-Traum: Schoko-Chili "mit einer scharfen Note".

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