Der "Eifeleuro" soll es richten

DREIS-BRÜCK. Globalisierungskritiker aus den Kreisen Daun, Bitburg-Prüm, Euskirchen und Düren wollen in der Eifel ein alternatives Geldsystem einführen. Ähnliche begrenzte Gutscheinwährungen gibt es unter anderem in Bremen und Gießen, im Chiemgau und in Ostdeutschland. Das Ziel: Geld nicht horten, sondern permanent im Umlauf halten.

Geht es nach den Globalisierungsgegnern, kommt die geldliche Zukunft der Eifel ohne Zins und Zinseszins aus - zumindest in Ansätzen, als Ergänzung zum herkömmlichen System. Dass entsprechende Initiativen in Deutschland schon praktische Erfahrungen aufweisen können, belegte ein Referat der Attac-Gruppe Vulkaneifel (der TV berichtete). Im Anschluss an diese Veranstaltung trafen sich nun jene, die konkrete Schritte in Richtung einer regionalen Zusatzwährung zum Euro gehen und in der Folge die dafür notwendige Vereinsgründung unternehmen wollen.Gewinne sollen nicht in ferne Länder abdriften

Denn die Bundesbank lässt derartige Geldexperimente nur unter dieser Voraussetzung und nur für Mitglieder und Fördermitglieder solcher Vereine zu. Dann allerdings sind sogar lokale Kreditinstitute befugt, am Alternativsystem teilzunehmen, und sie tun das in Einzelfällen auch schon, etwa in Ostdeutschland. Das Motiv der finanzpolitischen Laienbewegung in der Eifel - Initiatorin Gudrun Müller: "Wir müssen vorab sehr viel Lektüre und fachliche Qualifikationsarbeit leisten" - ist zum einen, die Wertschöpfungskette möglichst komplett vor Ort zu belassen und Gewinne nicht in ferne Länder abdriften zu lassen. Zum anderen ist sehr viel generelles Unbehagen am Werk: "Ich will meinen Kindern sagen können, dass ich zumindest versucht habe, etwas zu ändern", begründete eine Teilnehmerin stellvertretend für andere ihr Engagement. Die Regiogeld-Befürworter wollen sich nicht "anonymen wirtschaftlichen Prozessen ohnmächtig ausgeliefert fühlen". Sie erleben die ländliche Struktur der Eifel schon als zerstört und wollen diese Entwicklung umkehren und aufhalten. Kapital soll nicht angehäuft und dann zum Nutzen weniger aus den regionalen Kreisläufen abgezogen werden, sondern beständig und zum Wohlstand aller Beteiligten in Bewegung gehalten werden - wer nicht konsumiert, sondern hortet, verliert in diesen Konzeptionen. Wer ausgibt, gewinnt. Vor allem kleine und mittelständische Gewerbetreibende seien die Profiteure, große Discounter dagegen schnitten dabei schlechter ab. "Wir hoffen auf Unterstützung durch die Dorfentwicklungsprogramme und durch die Lokale Agenda 21", umreißt Gudrun Müller die Vorarbeiten für die Vereinsgründung. "Wir müssen aber auch auf Entscheider in heimischen Unternehmen und Banken zugehen und sie überzeugen." Denn eine finanzielle Parallelwelt, die im konfliktträchtigen Gegensatz zur bestehenden ist, sei nicht das Ziel - und ebenso wenig ein Ideologienstreit. Gesprächsbereitschaft von allen Seiten sei gefragt. Das Beispiel des Regiogelds namens "Justus" in und um Gießen etwa zeige, dass es sich nicht um Illusionen von versprengten Weltverbesserern handele, sondern dass es ein überschaubarer und machbarer Schritt hin zu einer sozialeren Gesellschaft im Nahbereich sei. In Gießen sind rund 200 Mitglieder - ein Branchenmix von Ärzten, Architekten, Handwerkern und Händlern - bereit, den "Justus" als Währung zum Tausch von Dienstleistungen oder Produkten einzusetzen. So funktioniert der Gießener "Justus"

Auch das Verleihen des Regiogelds ist gegen eine Gebühr von einem bis zwei Prozent möglich. Der "Justus", der vom autorisierten Verein abgestempelt und so in Wert gesetzt wird, entspricht 1,50 Euro - fünf Prozent der Gutscheine verbleiben im Vereinsvermögen als Gegenleistung für den Verwaltungsaufwand. Eine ständige Anpassung an die Inflationsrate ist gegeben. Nun gilt es, in der Eifel zahlreiche Fragen zu beantworten: Wie lange dauert die Einführung, wer macht mit, wie löst man Probleme wie etwa die dünne Besiedlungsstruktur, die ein engmaschiges Netz der Regiogeld-Nutzer erschwert?

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