Eifellicht zieht russische Register

GEROLSTEIN. Die Hilfsorganisation "Eifellicht" geht neue Wege - und die führen über Kelberg und Moskau: Für ihren 16. Hilfsgütertransport kauft der Verein erstmals in Russland Lebensmittel. So werden 7000 Euro gespart, die zusätzlich den Notleidenden zugute kommen.

Am 9. April setzt sich der Konvoi von Gerolstein aus inBewegung. Ziel sind - wie in den vergangenen Jahren auch -russische Alten- und Kinderheime im Raum Smolensk, in denenteilweise unmenschliche Bedingungen herrschen, und die Bewohnersehnsüchtig auf die Freunde aus Gerolstein und deren Paketewarten. Doch in diesem Jahr sind es nur drei statt fünf Sattelzüge, die in der Brunnenstadt starten und 45 Tonnen Bekleidung und sonstige Hilfsgüter geladen haben. Denn erstmals in seiner Geschichte kauft der Verein in großem Stil Lebensmittel auf dem russischen Markt ein - und zwar zu Großhandelskonditionen. In Zahlen ausgedrückt: 38,5 Tonnen für rund 15 000 Euro. das bringt rund 700 Euro Ersparnis. "Davon kaufen wir für das Heim eine komplette Waschstraße mit Waschmaschine, Zentrifuge, Trockner und Bügelautomat", sagt Ludwig Hahn, seit zwölf Jahren Vorsitzender des Vereins Eifellicht, stolz.

Kontakt nach Kelberg ermöglicht Kooperation

Möglich wurde die neue Kooperation durch einen Kontakt zwischen Eifellicht-Mitstreiter Alfred Cornesse und dessen Kelberger Bekannten Jochen Kracht. Der ist nämlich stellvertretender Generaldirektor der von Edeka geführten Handelskette Marktkauf in Russland, die im Februar einen großen Markt in Moskau eröffnet hat. Kracht berichtet: "Vergangenen Spätherbst haben wir (Kracht, Cornesse und Eifellicht-Vorsitzender Ludwig Hahn; Anmerkung der Redaktion) bei einem Glas Bier zusammen gesessen und über die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit gesprochen. Und da wurde rasch klar, dass da was möglich ist."

Für Hahn sind es nicht ausschließlich die finanziellen Vorteile, die ihn von der neuen Kooperation überzeugen. Auch der wesentlich geringere Papierkram und die Zeitersparnis schlagen positiv zu Buche. Hahn berichtet: "Für in Russland gekaufte Lebensmittel müssen wir nicht mehr diese Vielzahl an Bescheinigungen vorlegen - das reicht von Herstellererklärungen über die Inhaltsstoffe bis zu Veterinärbescheinigungen, falls tierische Fette in Produkten enthalten. Und das für jede von uns transportierte Lebensmittelart." Zudem würden an den Grenzen (Deutschland-Polen, Polen-Weißrussland, Weißrussland-Russland) nun eine Vielzahl von Kontrollen wegfallen, wodurch sich wahrscheinlich auch die Stehzeiten des Konvois verringern dürften. Hahn: "Bislang betrugen die pro Grenze zwischen zwölf und 36 Stunden." Je nach Tagesform und Laune der Zöllner.

Viele bürokratische Hürden fallen weg

Und eine weitere bürokratische Hürde fällt künftig weg: der Begleitschutz des Zolls innerhalb Russlands. Hahn berichtet: "Der Zöllner fuhr überall mit uns hin, und wenn wir nur ein Kilogramm Butter hätten entnehmen wollen, hat er die Ladung entplombt, eine Probe entnommen und die Ladung wieder verplombt. Jetzt können wir schalten und walten, wie wir wollen. Das ist ein entscheidender Vorteil."

Oder wie Kracht es formuliert: "Wir werden die Möglichkeiten auf unserem Markt ausnutzen und unsere Konditionen eins zu eins an Eifellicht weitergeben - und zwar sowohl beim Einkauf als auch bei der Auswahl des Logistik-Unternehmens, das die Ware von Moskau nach Smolensk bringt", sagt der 49-jährige Vater zweier Kinder und fügt hinzu: "Ein Geschäft ist das für uns nicht."

Geplant ist, dass eine Eifellicht-Crew nach Moskau fliegt und dann die beiden mit Lebensmitteln beladenen Trucks zu den Zielorten lenkt. Und das ist für Hahn auch der einzige Umstand, der ihm ein "leicht mulmiges Gefühl" hervorruft: "Durch unseren Polizeibegleitschutz waren wir bisher - auch wenn das überwiegend umständlich war - gut behütet. Jetzt könnte auf der 270 Kilometer langen Strecke die Mafia ein Interesse für uns zeigen."

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