Ein Flittchen und die Folgen

EIFEL. Frank Sevenich zu Besuch bei Zahnärztin Dr. Lehnartz: Sie scheint ein wasserdichtes Alibi zu haben. Doch ist es wirklich stichhaltig?

"Als ich später mit knappen Worten berichtete, was geschehen war, kicherte die große, fette Frau leise auf. "Der Arno!" Ich war verwundert. "Sie duzen sich?" Sie nickte und grub ihre Kuchengabel in ein Stück Schwarzwälder Kirsch. "Eigentlich fanden wir uns ganz sympathisch. Oder, sagen wir mal so: Ich fand ihn interessant. Deshalb habe ich auch seine kleinen Spinnereien mitgemacht. Arno liebte das Gefühl, mich mit dieser dummen Geschichte in der Hand zu haben." Der Kaffee war eine Wohltat nach dem, was mir Schufti vorgesetzt hatte. "Um welche dumme Geschichte handelt es sich denn?" Sie schwieg und aß. Zögernd sagte sie nach einer Weile: "Ich rede nicht gern darüber, weil ich mich so schäme. Erzählen sie ihres zuerst, junger Mann." Schweren Herzens gab ich Auskunft und äußerte mich zu meiner Tat so nebulös wie möglich. Sie wies mit der Kuchengabel auf mich. "Hach, die Fahrerflucht. Er hat sowas erwähnt." Während sie nach der Kellnerin winkte, um Nachschub zu ordern, sagte sie beiläufig: "Ich habe eine ziemliche Dummheit begangen, als ich mich von meinem zweiten Mann getrennt habe. Ich hielt es damals für eine besonders gute Idee, dem Schuft das Haus anzuzünden, als er mit diesem Flittchen verreist war." Sie orderte ein weiteres Stück Torte und fuhr fort: "Arno war dumm. Man kann die Leute nicht ewig so unter Druck setzen. Irgendwer musste sich ja irgendwann mal wehren." Kopfschüttelnd betrachtete ich die massige Frau auf der anderen Seite des Tisches. "Warum haben sie diese miese Erpressernummer überhaupt mitgemacht?" Sie hielt inne und sah mich fast ein wenig traurig an. "Aber das habe ich Ihnen doch schon gesagt, junger Mann: Ich mochte ihn. Er hatte so schöne große schwarze Augen. Sicher hatte er früher mal pechschwarzes Haar." Plötzlich quiekte sie auf und tippte auf die zierliche Uhr um ihr fettes Handgelenk. "Die Praxis! Es warten noch zwei Wurzelbehandlungen und ein Landwirt aus Oberehe mit einem absoluten Trümmergebiss." Und bevor sie mit wehenden Segeln entschwand, beugte sie sich leutselig zu mir hinunter und flötete: "Und ein Alibi habe ich natürlich auch: Ich war in der Schlafklinik." Ich sah sie verständnislos an. "Ein Schlaflabor an der Uni in Bonn. Dort versucht man herauszufinden, woher meine ewigen Schlafstörungen kommen. Ich habe die ganze Nacht dort verbracht. Von zehn bis acht Uhr. Verkabelt, verdrahtet und auf Video gebannt." Den neunten Teil lesen Sie in der morgigen TV-Ausgabe

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