"Hier geht doch keiner freiwillig fort"

NEROTH. Den Bevölkerungsprognosen zum Trotz: Die Nerother Junggesellen, die "Herlessen", gehen davon aus, dass das Mausefallendorf auch 2020 noch rund 1000 Einwohner und eine relativ intakte Infrastruktur hat.

25 Prozent weniger Bürger in den nächsten Jahren - so wie es die Vorhersagen zur demographischen Entwicklung in Deutschland und auch der Region verlautbaren - sind für Neroth nicht zu erwarten. Das meinen zumindest die "Herlessen", die im Junggesellenclub (JGC) zusammengeschlossenen Nerother Junggesellen. Sie begründen ihren Optimismus vor allem mit der offenkundig besonders ausgeprägten Heimatverbundenheit der Nerother zu ihrem Dorf. "Wer hier wohnt, will nicht mehr wegziehen", sagt beispielsweise Thilo Brusten (23) und fügt - um seiner Aussage noch mehr Nachdruck zu verleihen - hinzu: "Da könnte sogar Claudia Schiffer locken." Ohne auf diese Einschränkung näher einzugehen, stimmen die anderen "Herlessen" der Grundüberzeugung zu - wie Holger Schommers (32, verheiratet und daher "Alt-Herless"). Er sagt: "Die meisten Nerother, die heiraten, bleiben auch hier im Ort. Und bauen." Daher sind die jungen Leute auch durchweg froh, dass das neue Baugebiet ab kommenden Jahr wieder Bauplätze bietet - zunächst 20, und bei zusätzlichem Bedarf weitere 20. Diejenigen, die wegziehen müssten, "kommen aber auf jeden Fall zu den wichtigsten Festen und Aktivitäten zurück ins Dorf", sagt Schommers. Der einzige Grund wegzuziehen, wäre nicht nur für "Alt-Herless" Wolfgang Geimer (33) die Jobfrage. Doch wie die meisten anderen der Junggesellen ist er bei einem Arbeitgeber in der Nähe untergekommen. "Im Dorf sind aber schätzungsweise 40 bis 50 Prozent der Arbeitnehmer Pendler, die bis nach Trier, Köln, Koblenz oder in den Westerwald fahren, weil sie in Neroth bleiben wollen", sagt Geimer. Auch das zeige die Heimatverbundenheit, die der allgemeinen Bevölkerungsabnahme in Neroth entgegenstehe. Zudem wollen die meisten Noch-Junggesellen grundsätzlich dafür sorgen, dass Neroth nicht ausstirbt. Die Nerother also auf einem Sonderweg? Das hat es in der Geschichte schon öfters gegeben. Und dazu stehen sie auch. "Die Eigenheit, die uns nachgesagt wird, gibt es schon: Wir halten zusammen und gehen beispielsweise immer mit mehreren Leuten aus", meint Thilo Brusten. "Allein unterwegs, käme ja auch keiner mehr heil nach Hause", spielt Frank Borsch (28) auf so manche Rivalität mit den Jungs aus anderen Dörfern an. Überleben trotz Mauer

"Eigentlich könnten wir eine Mauer ums Dorf ziehen und würden dennoch gut überleben", verweist Wolfgang Geimer scherzhaft auf die relativ gute Infrastruktur des Dorfs. Die wird es mit einigen Einschränkungen nach Ansicht der "Herlessen" auch in Zukunft noch geben. "Das Hotel wird auf jeden Fall überleben, denn Jahr für Jahr kommen mehr Touristen - vor allem aus Belgien und den Niederlanden", prognostiziert Sebastian Schwab (20). Für die zweite Gaststätte und den Lebensmittelladen sehen die Junggesellen allerdings schwarz. Denn, so Holger Schommers: "Die meisten haben ein Auto, und in Zukunft wird jeder noch ein wenig mehr aufs Geld schauen müssen." Daher erachten es auch die Junggesellen als wichtig, auf den Tourismus zu setzen. Die Bäckerei mit Café und Fremdenzimmern, die im Mai eröffnen wird, werten sie als Schritt in die richtige Richtung. Eine Grillhütte und ein Angelweiher sowie die Neugestaltung der Ortsdurchfahrt, die für JGC-Chef Sascha Klaes (25) derzeit einen schlechten Eindruck des Dorfs vermittelt, stehen an oberster Stelle ihrer Prioritätenliste der noch zu erledigenden Aufgaben - für Gäste und Dorfbewohner. Einen weiteren Punkt bringt Wolfgang Geimer ins Spiel: "Es muss unbedingt mehr für die Jugend getan werden, sonst haben die keinen Bock mehr auf Neroth. Bislang trafen die sich mal an dieser, mal an jener Ecke, und wurden überall verjagt." Mit dem Bau des Jugendraums sei ein Anfang gemacht.

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