Nach Kritik von der Oberen Kyll: Über Förderung von Kindertagesstätten wird von Jahr zu Jahr entschieden

Daun/Jünkerath · Mehr zeitliche Flexibilität: Der Jugendhilfeausschuss des Kreises Vulkaneifel hat beschlossen, dass Fördergeld für Kindertagesstätten nicht gleich für drei Jahre festgelegt wird. 658 000 Euro stehen für diesen Zeitraum zur Verfügung.

Daun/Jünkerath. Die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll, Diane Schmitz, hat ziemlich schweres rhetorisches Geschütz aufgefahren: Dass die VG nur 11 000 von 658 000 Euro bekomme, die der Kreis über drei Jahre Kindertagesstätten zur Verfügung stelle, wertete sie als Ausbootung und Retourkutsche dafür, dass die Obere Kyll mit Prüm fusionieren will (der TV berichtete).
Es steckte also durchaus Zündstoff in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses des Kreises Vulkaneifel, in der über die Verteilung des Geldes beraten wurde.

Woher stammt das Geld? Es sind Bundesmittel, die ursprünglich fürs das CSU-Prestigeprojekt "Betreuungsgeld" vorgesehen waren. Es sollte Familien zur Verfügung gestellt werden, die ihren Nachwuchs in den ersten drei Lebensjahren zu Hause lassen und nicht im Kindergarten oder bei Tagesmüttern unterbringen. Was das Verfassungsgericht aber im vergangenen Jahr kippte. Der Kreis erhält aus diesen Mitteln nun für 2016 bis 2018 insgesamt 658 000 Euro.

Wie entsteht die Liste? Die Verbandsgemeinden waren aufgefordert worden, Projekte in ihren Tagesstätten zu melden und dafür Geld zu beantragen. 26 Vorschläge wurden eingereicht, darunter zwei von der Oberen Kyll. In Hallschlag sollen Bewegungsräume für die ganz Kleinen entstehen (Kosten 11 000), in Stadtkyll soll ein Bildungsprojekt (32 000 Euro) umgesetzt werden. Aber nur Hallschlag fand sich auf der Vorschlagsliste wieder, was die Kritik auslöste.

Was entgegnet der Kreis? Landrat Heinz-Peter Thiel sprach in der Sitzung von "Missverständnissen" und bat darum, die Kommunalverwaltungsreform aus dem Jugendhilfeausschuss rauszuhalten. Die habe bei der Erstellung der Liste keine Rolle gespielt, denn "die Obere Kyll gehört ohne Wenn und Aber zum Kreis, von einer Ausbootung kann keine Rede sein".

Viele der in der Liste aufgeführten Positionen bezögen sich Maßnahmen, die kreisweit greifen würden und von denen auch beispielsweise die Kita Stadtkyll profitieren könne. Beispiel Sprachbildung in den Kitas: Der Betrag von 232 000 Euro steht laut Verwaltung allen Einrichtungen im Kreis zur Verfügung. Die VG Gerolstein habe diese Maßnahme zwar eingereicht, was aber nicht bedeute, dass dieser Betrag nur ihr zur Verfügung stehe. Vielmehr wird die Summe gleichmäßig auf alle Kitas verteilt, sofern sie Bedarf anmeldeten. Über die konkrete Verteilung entscheide das Jugendamt.

Gibt es auch andere Kritiker? Ja, so sprach Ausschussmitglied Friedbert Wißkirchen (CDU, Daun) von "vielen Unstimmigkeiten" in der von der Verwaltung erarbeiteten Liste. "Die Verteilung ist nicht nachvollziehbar, die VG Daun als größte im Kreis ist praktisch außen vor", monierte der frühere hauptamtliche Beigeordnete der VG Daun, "die Relation stimmt einfach nicht." Verbandsgemeinden mit Investitionsvorhaben seien im Vorteil, sie profitierten von der kreisweiten Förderung der pädagogischen Arbeit und erhielten zusätzlich noch Geld für Baumaßnahmen oder Einrichtungen.
Er könne der Liste in der vorliegenden Form nicht zustimmen. Bruno Willems, Leiter der Abteilung Jugend der Kreisverwaltung, räumte ein: "Heute würden wir die Liste sicher anders aufstellen. So, dass ersichtlich wäre, wieviel Geld in welche Verbandsgemeinde fließt."

Was ist bei der Beratung rausgekommen? Es ist nicht pauschal für alle Vorhaben von 2016 bis 2018 entschieden worden, sondern zunächst nur für Projekte, die noch in diesem Jahr in Angriff genommen werden. Für die besteht Zeitdruck, denn das Geld, das dem Kreis für 2016 zur Verfügung steht, muss bis Jahresende ausgegeben sein, eine Übertragung auf 2017 ist nicht möglich.
Deshalb stellte Wißkirchen den Antrag, nur über die Vorhaben 2016 abzustimmen und für 2017 und 2018 neu zu beraten, was mehrheitlich angenommen wurde. In der Sitzung des Ausschusses im November steht das Thema dann wieder auf der Tagesordnung.

Was sagt die Bürgermeisterin der VG Obere Kyll dazu? Diane Schmitz hat den Verlauf der Beratung vor Ort verfolgt und ist "glücklich, dass man noch mal miteinander spricht, wenn die Vorhaben für 2017 und 2018 festgelegt werden sollen. Dann können alle Projekte diskutiert werden, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen."Meinung

Warum nicht gleich?
Das Thema Verteilung von Kita-Fördergeld hat sich als untauglich erwiesen, dahinter dunkle Mächte zu vermuten. die die "abtrünnige" Obere Kyll bestrafen wollen. Aber es passt ins Bild der Irrungen und Wirrungen, die die unsägliche Kommunalreform im Kreis verursacht hat. Da liegen schnell schon mal die Nerven blank. Ganz unschuldig an der Aufregung ist die Kreisverwaltung im konkreten Fall allerdings nicht. Denn was taugt eine Liste, die sich selbst einem Verwaltungsfachmann wie Friedbert Wißkirchen (fast 50 Jahre bei der VG-Verwaltung Daun beschäftigt) nicht erschließt? Eine Liste, die offenkundig mehr Fragen aufwirft als Antworten liefert? War es wirklich nicht möglich, gleich eine Liste vorzulegen, in der erkennbar ist, wie viele Geld welche VG bekommt? Dann wäre wahrscheinlich erst gar kein Druck auf den Kessel gekommen. Das nun beschlossene Vorgehen ist jedenfalls richtig: nicht gleich für drei Jahre festlegen, sondern für einen überschaubaren Zeitraum entscheiden. Das sorgt für Flexibilität und Transparenz. Warum nicht gleich? s.sartoris@volksfreund.de

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