"Reite nicht ein totes Pferd"

ÜXHEIM. (ako) Im Seminarzentrum Beuerhof führten Rainbowhawk und Windeagle aus Kalifornien, beide indianischer und schottisch-irischer Abstammung, in die Denktraditionen der amerikanischen Ureinwohner ein. Das Fazit: höchst brauchbar für eine moderne nachhaltige Wirtschaftsweise.

Der Rahmen war mehr als ungewöhnlich für eine Informationsveranstaltung in Sachen Wirtschaftsleben. Handfeste Eifeler Unternehmer, Trierer Unternehmensberater und Kölner Freaks mit Regenbogenpullis saßen dicht gedrängt im Rund einer gläsernen Kuppel im Wald, alle ohne Schuhe. In der Mitte lag ein mit Teelichtern und Federn geschmücktes Büffelfell, und wo sonst die Herren der Schöpfung eindeutig in der Mehrheit sind, fühlten sich diesmal auch genauso viele Frauen angesprochen vom Thema "Indianischer Weg des Wirtschaftens und Lebens". Zwei sichtbar gut gelaunte Herrschaften aus Kalifornien ließen sich Zeit, in die harten Fakten des Vortrags vorzudringen. Zunächst priesen sie die Magie des Ortes Beuerhof, den sie vier Mal jährlich für Workshops ansteuern. Der Hof ist eine uralte Pferdewechselstation, und Rainbowhawk merkte an, im übertragenen Sinn sei es auch Zeit für die Menschen, die Pferde zu wechseln. Von simpler Neugier über den Wunsch nach Hilfe bis hin zum Erschrecken über die Kälte im derzeitigen Wirtschaftsleben gingen die Motivationen, mal ganz andere Einsichten hören zu wollen. Griffige Rezepte, das war von vornherein klar, standen nicht auf dem Tagesprogramm. Denn: Der indianischen Weltsicht zufolge ist alles, also auch ein Unternehmen, ein lebendiger Organismus, der keine mechanischen Lösungen verträgt. Jede und jeder kam an die Reihe, selbst zu schildern, was in Unternehmen und im Privaten zugleich auf den Nägeln brennt: "Jeder wird gehört", so der indianische Grundsatz, den die beiden Kalifornier auch in ihren Firmen- und Konzernberatungen für Hewlett-Packard, General Motors, McKinsey oder DaimlerChrysler gelten lassen. Für jedes Unternehmen wie auch für jeden Stamm, der überleben will, sei es von größter Bedeutung, alle Kräfte einzubinden. Keine Entscheidungen dürfen getroffen werden, die nicht integer sind, und das heißt: Wirklich jede vorhandene Perspektive muss durchleuchtet und jedes Anliegen ernsthaft erörtert werden. Firmen brauchen Gesprächskultur und die Führenden müssen vor allem eines: Zuhören. Führungskräfte müssten wie Stammeshäuptlinge alle in ihrem Unternehmen gebündelten Kräfte und Mitarbeiter ermutigen, ihr Wissen beizutragen. Und immer gelte es zu fragen, "ob das Pferd noch lebt, auf dem man reitet": Ist das, was man tut, noch schöpferisch? Nur wenn alle wirklich einverstanden sind, könne ein Unternehmen gelingen: "Nicht-Zustimmung ist eine starke Energie, die bremst." In den derzeitigen Krisen sei wichtig "slow down: if you are lost, stand still", will heißen: innehalten, keine panischen Schnellschüsse unternehmen, sondern sich Zeit lassen und zuhören.Aufmerksamkeit erzeugt, Anregungen gegeben

Die Rückmeldungen der Eifeler Praktiker auf die ungewöhnliche Veranstaltung, die kein stilles Konsumieren von Theorien zuließ, sondern Mitmachen erforderte, war durchweg positiv: "Das hat mich sehr angeregt, das war richtig was für mich", sagte Direktvermarkterin Inge Thommes-Burbach aus Gillenfeld, deren Thema per Beruf schon der Einklang mit der Natur ist. Gabriele Wimmer, Inhaberin einer Kommunikationsagentur in Dreis-Brück, war "berührt von der Achtsamkeit für all die verschiedenen Aspekte, die in einem Unternehmen lebendig sind" und auf die sie der Abend wieder aufmerksam gemacht habe. Im Januar, so kündigte Beuerhof-Inhaber Dieter Scholz an, werden Rainbowhawk und Windeagle einen Workshop für Firmen und Unternehmer anbieten, in denen die indianische Sichtweise mit ihren konkreten Konsequenzen erarbeitet wird - "als Werkzeug für Führungskräfte".

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