Treu und fleißig

GEROLSTEIN. Einzigartig in der Region: Behinderte, die 30 Jahre in einem Unternehmen gearbeitet haben. Ort der Jubiläumsfeiern waren die Westeifel Werke (WEW).

 Ehrung für die Pioniere: Die Mitarbeiter, die 30 Jahre und damit seit Beginn für die Westeifel Werke im Einsatz sind, wurden nun in einer Feier ausgezeichnet.Foto: Gabi Vogelsberg

Ehrung für die Pioniere: Die Mitarbeiter, die 30 Jahre und damit seit Beginn für die Westeifel Werke im Einsatz sind, wurden nun in einer Feier ausgezeichnet.Foto: Gabi Vogelsberg

Wie Trophäen trägt Marlies Gottlieb die Urkunden von ihrem Arbeitgeber und der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier mit sich herum. Die 51-jährige Behinderte arbeitet seit fast 20 Jahren in der Luftballon-Druckerei in Gerolstein. Die Einrichtung ist ihre Lebensstütze. Dort hat sie in der Therapie Federballspielen und Peddigrohrflechten gelernt. "Als ich ins Wohnheim gezogen bin, hab' ich das Körbchen mitgenommen", erzählt sie. Franziska Johanns aus Weinsheim lebt noch bei ihren Eltern. Die 46-jährige Behinderte liebt ihre Arbeit in der Einrichtung über alles. Nach Einsätzen in der Montagegruppe arbeitet sie jetzt als Küchenhilfe. "Das ist mein Traumjob", sagt sie. Außerdem wurde ihr die Verantwortung für die Blumenpflege im ganzen Haus anvertraut. "Deshalb darf ich auch jeden Tag in das Büro von unserem Chef", berichtet sie lächelnd. Auf ihrer Arbeitsstelle hat sie Freunde gefunden. Friedchen und Anita. Und mit der Einrichtung geht die reiselustige Johanns immer wieder auf Tour. Mal zur Ferienfreizeit nach Holland, mal in den Schwarzwald. "Mit meinen Eltern mach' ich keinen Urlaub. Da fahren wir höchsten mal zu meinen Schwestern", sagt sie. Besonders stolz ist Johanns auf den Dingen, die sie vom Lohn gekauft hat: "Schöne Sachen zum Anziehen und einen Fernseher." "Diese Entwicklung konnte niemand ahnen"

"Als wir im September 1973 in einem Provisorium in Kopp anfingen, konnte niemand diese Entwicklung ahnen", resümiert Helmut Diewald. Er ist unter den nichtbehinderten Mitarbeitern der Mann der ersten Stunde. Damals war er Werkstattleiter, heute ist er Berufsausbildungsleiter für acht Behinderte. Der 57-Jährige erinnert sich: "Aufträge zu kriegen und die Firmen zu überzeugen, war das Schwierigste." In Kopp legten neun behinderte Mitarbeiter und zwei Hauptamtliche den Grundstein: Sie steckten Schneebesen und Plastik-Dia-Rähmchen zusammen. Im Juni 1979 zogen die WEW von Kopp nach Gerolstein, und Erwin Görgen übernahm die Geschäftsführung. Er lobte in einer Feierstunde die Mitarbeiter als "Pioniere". Heute arbeiten an den drei Standorten Gerolstein, Weinsheim und Hermesdorf 504 Behinderte, 108 Angestellte, acht Azubis, 48 Praktikanten und Zivis. Im vergangenen Jahr erwirtschafteten die WEW einen Umsatz von 6,5 Millionen Euro und zahlten den dreifachen Satz des durchschnittlichen Behindertenlohns. "Diese Entwicklung ist in der Region Trier beispielhaft. Vom kleinsten Produkt bis hin zur internationalen Anerkennung wie die Colani-Bänke. Die WEW brauchen keinen Vergleich zu anderen Wirtschaftsunternehmen zu scheuen", meinte IHK-Geschäftsführer Marcus Kleefisch bei der Feierstunde. Die Jubilare sind Elvira Blatt, Marlies Gottlieb, Gottfried Harings, Franziska Johanns, Anna Peters, Bernhard Schröder, Christine Uters, Hedwig Uters, Arthur Wagner aus dem Werk Gerolstein, Georg Bohn, Anton Grossmann, Johann Uters aus dem Werk Hermesdorf sowie Barbara Blum aus dem Werk Weinsheim. Auch von den nichtbehinderten, hauptamtlichen Mitarbeitern war einer seit der ersten Stunde mit dabei: Es ist Helmut Diewald.

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