Vulkaneifeler wehren sich gegen Fusionsplan

Daun/GEROLSTEIN · "Nicht mit uns", sagt der Kreistag Vulkaneifel. Er will nicht einfach hinnehmen, dass elf Orte von der Oberen Kyll nach Prüm abwandern. Das sei nicht verfassungskonform, sagen Landrat und Kreistag und wollen klagen, wenn der Landtag das entsprechende Gesetz beschließt.

 Die SPD-Fraktion um Astrid Schmitt (rechts) will über eine mögliche Klage erst später entscheiden, findet aber für diese Haltung keine Mehrheit im Kreistag. TV-Foto: Klaus Kimmling

Die SPD-Fraktion um Astrid Schmitt (rechts) will über eine mögliche Klage erst später entscheiden, findet aber für diese Haltung keine Mehrheit im Kreistag. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (e_daun )

Daun/GEROLSTEIN Auch wenn die Fronten vor der Kreistagssitzung klar sind, haben doch einige Gäste den Weg ins Kreishaus gefunden, um die Diskussion über eine mögliche Klage des Kreises Vulkaneifel gegen das Land zu verfolgen. So wie Karl Häfner (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Kelberg, und Martin Robrecht, der Dauner Stadtbürgermeister. Sie erfahren allerdings wenig Neues, denn die Argumente sind lange bekannt.

Wie auch die Positionen der Fraktionen: CDU und FWG befürworten eine Klage, wenn der Landtag den Gesetzentwurf beschließt, der unter anderem vorsieht, dass elf Orte aus der VG Obere Kyll in die Verbandgemeinde Prüm wechseln. Unterstützung kommt auch von der FDP und den Grünen, auch wenn die Parteien mit in der Landesregierung sitzen und ihre Landtagsfraktionen den Gesetzentwurf gemeinsam mit der SPD eingebracht haben. Die sozialdemokratischen Kreistagsmitglieder halten die Entscheidung über eine Klage für verfrüht. "Wie kann man gegen etwas klagen, was es noch gar nicht gibt?", fragt die SPD-Kreisvorsitzende und -Landtagsabgeordnete Astrid Schmitt. Ihr Vorschlag: das weitere Gesetzesverfahren erst einmal abwarten, "und wenn am Ende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bestehen, kann immer noch geklagt werden". Die Bildung der neuen VG Prüm mit den elf Obere-Kyll-Dörfern auf Eis zu legen, wie von Landrat Heinz-Peter Thiel befürwortet, helfe nichts, "die Orte brauchen eine Zukunftsperspektive".

Thiel hält hingegen den Zeitpunkt für geeignet, "dass wir der Stimme der Vulkaneifel auch mit einer Ankündigung, eine Klage vorzubereiten, in Mainz Gehör verschaffen". Werde das Gesetz so wie im Entwurf vorgesehen beschlossen, sei das die "denkbar schlechteste Variante" und eine "einschneidende Entscheidung", die einen vorgezogenen Schritt mit Blick auf die Anfang der 2020er Jahre anvisierte Kreisreform im Land bedeute. "Wir wollen aber unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen und, wenn es soweit kommt, auf Augenhöhe diskutieren."

Der CDU-Fraktionschef und -Landtagsabgeordnete Gordon Schnieder sieht die Gefahr, dass "was jetzt passieren soll, eine Blaupause sein wird dafür, die VG Kelberg über die Kreisgrenzen hinweg mit Ulmen zu fusionieren". Dietmar Johnen, Fraktionssprecher der Grünen, appelliert an die Regierungsfraktionen. Sie sollten noch abwarten mit der Entscheidung über die Bildung der neuen VG Prüm. Der Kreisbeigeordnete Alois Manstein sieht "den Anfang vom Ende des Kreises" gekommen, wenn der Gesetzentwurf unverändert beschlossen werde: "Wenn das kommt, haben wir verloren."
Am Ende gibt es einen einstimmigen Beschluss für eine Klage, allerdings enthalten sich die SPD-Fraktion und CDU-Kreistagsmitglied Helmut Michels aus Lissendorf.

Worum geht es? Die Regierungsfraktionen (SPD, FDP, Grüne) haben im Januar einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht. Der sieht vor, dass die Verbandsgemeinden Gerolstein und Hillesheim zusammengehen - was unstrittig ist - und elf Orte aus der VG Obere Kyll in die VG Prüm wechseln - was sehr umstritten ist. Denn damit entsteht eine Verbandsgemeinde, die von zwei Kreisen (Vulkaneifel und Bitburg-Prüm) mitverwaltet wird, was aus Sicht des Kreistags Vulkaneifel nicht mit der Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz in Einklang zu bringen ist. Das sehen Innen- und Justizministerium anders, sie haben keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit.

Wie geht es weiter? Die unterschiedlichen Standpunkte werden demnächst erläutert: bei einer Anhörung in der Landeshauptstadt am 2. März. Dort werden Juristen zu Wort kommen, aber auch die Landräte Heinz-Peter Thiel aus Daun und Joachim Streit aus Bitburg sowie die Bürgermeisterinnen Diane Schmitz (VG Obere Kyll), Heike Bohn (VG Hillesheim), Aloysius Söhngen (VG Prüm) und Matthias Pauly (VG Gerolstein).
Sollte der Landtag das Gesetz über die Gebietsänderungen, was die Verbandsgemeinden Obere Kyll und Prüm angeht, beschließen, wird die Kreisverwaltung eine entsprechende Klage, eine sogenannte abstrakte Normenkontrolle, vorbereiten.

Was bedeutet das? Durch das Verfahren wird überprüft, ob Bundes- oder Landesrecht mit dem Grundgesetz oder Landesrecht mit sonstigem Bundesrecht vereinbar ist. Was die abstrakte von der konkreten Normenkontrolle unterscheidet, ist die Tatsache, dass die abstrakte unabhängig von einem konkreten Prozess oder Rechtsstreit möglich ist. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet: Wenn der Landtag das Gesetz beschließt, wird fusioniert, auch wenn es noch keine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs gibt.
Ein Video und weitere Bilder zum Thema finden Sie unter www.volksfreund.de KommentarMeinung

Mit dem Rücken zur Wand
Es ist richtig und nachvollziehbar, dass der Landkreis Vulkaneifel gegen die Fusion Obere Kyll-Prüm klagt. Er kann es nicht hinnehmen, dass seine Existenz durch den grenzübergreifenden Zusammenschluss infrage gestellt wird. Und das ist - ungeachtet aller anderslautenden Beteuerungen aus Mainz - der Fall. Der Kreis Vulkaneifel steht mit dem Rücken zur Wand. Jede Schwächung der ohnehin kleinen Gebietskörperschaft schmälert ihre Überlebenschancen bei der nächsten Stufe der Kommunalreform, bei dem es um die künftigen Zuschnitte der Kreise geht, massiv. Doch die Startbedingungen sollten für alle gleich sein. Natürlich ergibt eine Verwaltungsreform mit der Bildung größerer Einheiten und dem Abbau von teurer Bürokratie für immer weniger Menschen Sinn. Das gilt für die Zuschnitte der Bundesländer ebenso wie für die der Kreise, Verbandsgemeinden, Gemeinden. Aber eine solche Reform muss stringent und durchgängig durchdacht sein und für alle Ebenen und Regionen die gleichen Maßstäbe ansetzen. An allem hapert es. m.huebner@volksfreund.de

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