Arbeit trotz Handicap

In trockenen Tüchern: Unterschrieben sind die Verträge zwischen Gerolsteiner Brunnen und Westeifel Werken für den Start des ersten Integrationsbetriebs im Landkreis Vulkaneifel, bei dem schwerbehinderte Menschen in den Arbeitsprozess bei einer "normalen" Firma eingebunden sind. Nächste Woche beginnt die Arbeit für die beiden Behinderten und ihren Vorarbeiter. Eine Ausweitung ist bereits in diesem Jahr geplant.

 Mit der Vertragsunterzeichnung geht der erste Integrationsbetrieb im Landkreis Vulkaneifel in Betrieb (von links sitzend: Geschäftsführer der Westeifel-Werke, Ferdinand Niesen, kaufmännischer Geschäftsführer des Gerolsteiner Brunnens, Joachim Schwarz, Prokurist und Einkaufsleiter Herbert Clausen; stehend: Verwaltungsratsmitglieder der Westeifel-Werke und Lebenshilfe-Vertreter Karl-Heinz Thommes, Heinz Hill und Klaus-Peter Metzger). Foto: Westeifel-Werke

Mit der Vertragsunterzeichnung geht der erste Integrationsbetrieb im Landkreis Vulkaneifel in Betrieb (von links sitzend: Geschäftsführer der Westeifel-Werke, Ferdinand Niesen, kaufmännischer Geschäftsführer des Gerolsteiner Brunnens, Joachim Schwarz, Prokurist und Einkaufsleiter Herbert Clausen; stehend: Verwaltungsratsmitglieder der Westeifel-Werke und Lebenshilfe-Vertreter Karl-Heinz Thommes, Heinz Hill und Klaus-Peter Metzger). Foto: Westeifel-Werke

Gerolstein. Gut drei Monate ist es her, als der rheinland-pfälzischen Sozialministerin Malu Dreyer (SPD) bei einem Besuch in den Westeifel Werken (WEW) der geplante Integrationsbetrieb vorgestellt wurde, und sie sagte: "Ich bin überglücklich." Denn nach ihrer Überzeugung ist es ein zentrales Ziel von Integrationsarbeit, "möglichst viele Behinderte wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu bekommen".Nächste Woche wird die Arbeit aufgenommen

Ein Ziel, das die Ministerin in der Vergangenheit mit Nachdruck verfolgt hat. Oder wie sie selber sagte: "Unnachgiebig." Als deutlichen Beleg ihrer Worte hat sie für die bereits laufende Planungs- und Startphase finanzielle Unterstützung für einen externen Berater bewilligt.Nun ist es so weit. Die Geschäftsführer Joachim Schwarz (Gerolsteiner Brunnen) und Ferdinand Niesen (WEW) haben die Verträge für den ersten Integrationsbetrieb im Landkreis Vulkaneifel unterschrieben, ab nächster Woche werden zwei Behinderte und ein Vorarbeiter aus den WEW in den Hallen des benachbarten Gerolsteiner Brunnens ihre Arbeit aufnehmen. Den Start will sich auch der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hendrik Hering nicht entgehen lassen: Er hat seinen Besuch angekündigt. In Betrieb genommen wird eine eigens für das Projekt gebaute Funktionshalle auf dem Gelände des Brunnenbetriebs. Diese ist vollständig in die Gerolsteiner Produktionsprozesse integriert. Aufgabe des Trios: Täglich rund 2500 Mineralwasserkästen pro Tag per Maschine reinigen - und zwar quasi unter den Bedingungen des regulären Arbeitsmarkts. Für diese Leistung bezahlt der Gerolsteiner Brunnen Geld, mit dem wiederum die Beschäftigten entlohnt werden. "Natürlich soll der Betrieb eine schwarze Null schreiben, primäres Ziel ist aber ganz klar die Integrationsarbeit", sagt WEW-Prokurist Hermann Dahm. Bei der Vertragsunterzeichnung würdigten Schwarz und Niesen den schnellen Fortschritt zwischen den ersten Planungsgesprächen bis hin zur tatsächlichen Umsetzung. Gerade einmal sechs Monate hat das gedauert. Schwarz sagte: "Wir freuen uns auf dieses gemeinsame Projekt mit den Westeifel Werken, denn wir verstehen uns als wichtiger Arbeitgeber in der Region Gerolstein und nehmen die damit verbundene gesellschaftliche und regionale Verantwortung bewusst wahr." Für die WEW als anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen ist nach den Worten von Geschäftsführer Niesen der Aufbau eines solchen Betriebs ein wichtiger Schritt in Richtung Integration. Zwar sei es gesetzlicher Auftrag, geeignete behinderte Personen auf eine Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in der freien Wirtschaft vorzubereiten. "Dass dies insbesondere in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit keine leichte Aufgabe ist, zeigt sich in der relativ geringen bundesweiten Vermittlungsquote", umschrieb Niesen die Problematik. Jederzeit offen: der Weg zurück

Denn der Schritt für einen Behinderten "raus aus dem beschützenden Rahmen einer Werkstatt, rein in den von hohen Anforderungen und Leistungsdruck geprägten allgemeinen Arbeitsmarkt" ist laut Niesen weit, und nicht jeder halte diesem Druck stand. Daher sei der Weg zurück auch stets offen. Davon wird derzeit aber nicht ausgegangen. Im Gegenteil, wie der WEW-Geschäftsführer berichtet: "Nicht nur die sehr guten nachbarschaftlichen Kontakte zum Gerolsteiner Brunnen, sondern auch der Drei-Jahres-Vertrag sorgen für Sicherheit, so dass der Integrationsbetrieb in Ruhe und mit der erforderlichen kaufmännischen Sicherheit wachsen kann." Weitere Schritte sind geplant. So haben die WEW schon jetzt neue Geschäftspartner gefunden und werden voraussichtlich im Herbst dieses Jahres weitere schwerbehinderte Menschen in der Integrationsgesellschaft beschäftigen können - dann bei Montagearbeiten für die Metallindustrie an anderer Stelle.

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