Die Quelle sprudelt wieder in Daun

Daun · Die RWE-Aktien haben lange auch dem Kreis Vulkaneifel wichtige Einnahmen beschert. Bis 2016, als die Dividende komplett ausfiel. Nun aber kommt wieder was in die Kasse: Knapp 365 000 Euro werden erwartet.

 Seit 1. Mai ist sie Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderungsgesellschaft: Judith Klassmann-Laux (rechts). Foto: Wirtschaftsförderungsgesellschaft

Seit 1. Mai ist sie Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderungsgesellschaft: Judith Klassmann-Laux (rechts). Foto: Wirtschaftsförderungsgesellschaft

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Daun Es ist noch nicht so lange her, da galten die RWE-Aktien als wertvoller Besitz der Kommunen. Und das berechtigterweise, denn allein von 2001 bis 2008 stieg der Kurs der Wertpapiere von 42 auf mehr als 100 Euro. Und auch danach lief das Konzerngeschäft gut, was auch den Kreis Vulkaneifel freute, dessen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) die 242 920 Aktien (siehe Extra) hält. Aber als die Bundesregierung 2011 nach der Reaktor-Havarie in Fukushima den Ausstieg aus der Atomenergie beschloss, geriet RWE in Schwierigkeiten und die Zahlungen an die Kommunen wurden immer dürftiger. 2009 bekam die WFG noch 920 000 Euro, 2015 100 000 Euro, und 2016 - null. Aber mit dem RWE-Geld wurde viele Jahrzehnte der WFG-Geschäftsbetrieb finanziert, "dadurch war der Kreis in der komfortablen Situation, die Wirtschaftsförderung engagiert zu betreiben und somit über viele Jahre hinweg eine Vielzahl von Infrastrukturmaßnahmen zu initiieren, zu fördern und zu begleiten", sagt Landrat Heinz-Peter Thiel.
Um die Arbeit der WFG mittelfristig sichern zu können, beschloss der Kreistag, bei Bedarf 20 000 Aktien zu verkaufen. Was aber mittlerweile hinfällig ist, nachdem das RWE verkündet hat, pro Aktie ein Euro extra zu zahlen. Hintergrund ist die Rückerstattung von 1,7 Milliarden Euro Brennelemente-Steuer durch den Bund. Hinzu kommen 50 Cent pro Aktie, die der Konzern bereits für das Wirtschaftsjahr 2017 zugesagt hat. Heißt in Zahlen: 364 380 Euro fließen in die Kasse - allerdings brutto.
"Das gibt uns wieder etwas mehr Spielraum", sagt Judith Klassmann-Laux, die seit dem 1. Mai amtierende Geschäftsführerin der WFG. "Unsere Arbeit hat sich schwieriger gestaltet, als immer weniger und zuletzt gar kein Geld mehr vom RWE geflossen ist."
Alles eine Nummer kleiner bei der WFG als in den fetten Jahren, die einst Projekte wie Radwege mitfinanzierte. "Wir konzentrieren uns nun auf unsere Kernaufgaben", sagt die 35-Jährige. "Das heißt: Wir wollen die Beratungsinstanz für Existenzgründer und die Unternehmen im Kreis sein, wollen unseren Beitrag leisten, Fachkräfte zu gewinnen, die auch hier im Kreis so dringend benötigt werden."
Denn laut Judith Klassmann-Laux ist die Wirtschaftslage im Kreis gut, "an Aufträgen mangelt es nicht, aber manche Firmen können nicht mehr machen, weil qualifizierte Leute fehlen"
Aber wie geht die WFG dieses Problem an? Unter anderem durch verstärkte Zusammenarbeit mit den Schulen. "Wir wollen den jungen Leuten und vor allem auch ihren Eltern zeigen, welche Arbeitsmöglichkeiten, welche Ausbildungsvielfalt wir im Kreis bieten können", sagt die Geschäftsführerin.
Natürlich weiß sie aus eigener Erfahrung, dass für viele junge Leute beispielsweise nach dem Abitur gilt: erst mal raus aus der Eifel. "Unsere Aufgabe muss auch sein, ihnen später, wenn es zum Beispiel um die Familiengründung geht, zu zeigen, was unsere Region alles zu bieten hat. Und das sind nicht nur attraktive, sichere Arbeitsplätze, sondern genügend Kindergartenplätze, niedrigere Lebenshaltungskosten und vieles mehr." Judith Klassmann-Laux wohnt in Daun-Waldkönigen und hat schätzen gelernt, dass sie ihren 18 Monate alten Sohn einfach mal rauslassen kann, ohne Bedenken zu haben, "und auch der Kita-Platz war kein Problem." Wobei sie einräumt: "Ich war immer eher Land- als Stadtpflanze." Sie stammt aus einem 1000-Einwohner-Ort im Westerwald, ist in Montabaur zur Schule gegangen und hat in Landau und Wien studiert. Erster Arbeitsort danach war Trier, seit 2010 ist sie bei der WFG - "ich war also nie wirklich in Ballungszentren unterwegs."
Was hat sich die WFG-Geschäftsführerin als Ziel gesetzt? "Die erste Anlaufstelle für möglichst alle Unternehmen und Existenzgründer im Kreis werden."KommentarMeinung

Mehr Segen als Fluch
Einst als Tafelsilber gepriesen, haben die Kommunen in jüngster Zeit wenig Freude gehabt mit ihren RWE-Aktienpaketen. Aber auf lange Sicht gesehen, waren die Wertpapiere für den Kreis Vulkaneifel sicher mehr Segen als Fluch. Deshalb war es richtig, das Aktienpaket zu behalten, denn mit den Einnahmen blieb der chronisch klamme Kreis - über den Parkplatz Wirtschaftsförderungsgesellschaft - handlungsfähig. Vieles konnte gemacht werden, was dem Kreis selbst niemals genehmigt worden wäre. Mit Augen zu und durch ist es aber nicht getan: Die nächste Generaldebatte zum Thema "Behalten oder verkaufen" kommt bestimmt. s.sartoris@volksfreund.deExtra: RWE-AKTIEN DES KREISES


Den Großteil des Pakets an RWE-Aktien besitzt der Kreis seit den 1930er Jahren, als kommunale Elektrizitätseinrichtungen auf das RWE übergingen und die Kommunen dafür Wertpapiere bekamen. Der Kreis hat die Aktien der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) übertragen, die 1982 gegründet wurde. Sie ist Mitgesellschafterin in den Gründerzentren in Nerdlen-Kradenbach und Wiesbaum und hat vier Mitarbeiter.

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