Eier raffen, Kuchen fassen

Kann ein Raffer das Rennen machen, der bislang nur als Läufer siegreich war? Die Nerother Eierlage hat auf diese Frage eine Antwort gegeben und nebenbei hunderten Menschen den Ostersonntag, der glücklicherweise doch nicht im Schneegestöber unterging, versüßt.

Neroth. "Komm Dennis, Du schaffst das, nur noch sechs Eier", brüllt ein Junge dem Vorbeieilenden zu. Hunderte Menschen feuern ihn an, klatschen, rufen seinen Namen. Dennis läuft. Rafft das Ei. Bringt es zum Korb. Lässt es aus geringer Höhe auf das Stroh fallen. Läuft zum nächsten. Obwohl er in der vergangenen Viertelstunde bereits 75 Eier auf diese Weise transportiert hat, wirkt er nicht erschöpft - läuft genauso schnell und konzentriert wie zuvor. Vielleicht schafft er es wirklich. Noch hat sich die Menschenmenge jedenfalls nicht geteilt, um seinem Widersacher, dem Läufer, Platz zu machen. Die Sonne scheint über der Vulkaneifel. Jenseits der abgegrenzten Rennstrecke erhebt sich mit letzten Resten von Schnee bedeckt der Nerother Kopf. Die Form dieses Vulkankegels erinnert leicht an jene der Sägespan-Häufchen, auf denen die uniformierten Feuerwehrleute die Eier platziert hatten. Bereits seit 1924 richtet die Freiwillige Feuerwehr die traditionelle Eierlage in Neroth aus. Ein Brauch, der offensichtlich immer noch sehr lebendig ist."Nur noch drei Eier, das schaffst Du!"

Dennis Strunk ist Raffer bei den Senioren. Sein Ziel ist es, die 81 Eier schneller eingesammelt zu haben, als der Läufer Marco Nickels eine Strecke von 5000 Metern zurücklegen kann. Die Junioren hatten es etwas leichter: 43 Eier oder 1650 Meter. Die Strecke, die Raffer und Läufer zurücklegen, ist dabei jeweils etwa gleich lang. Bei den Junioren hat trotz schmerzender Beine und eines offenen Schuhs der Raffer (Marcel Nolles) das Rennen gemacht. Schon zwei Mal, 2006 und 2007, hat auch der 20-jährige Dennis Strunk die Nerother Eierlage gewonnen - allerdings war er da Läufer und nicht Raffer. "Nur noch drei Eier…Dennis, das schaffst Du", brüllt der Junge hinter der Absperrung erneut. Das Klatschen der Zuschauer brandet wie eine Welle auf, sobald der Raffer an ihnen vorbeiläuft. "Der ist immer noch so schnell, wie ich es höchstens beim ersten Ei schaffen würde", sagt eine Frau anerkennend, während ein Junge seinen Papa fragt, was denn passieren würde, wenn dem Raffer das Ei herunterfiele. Doch der Papa starrt gebannt in die andere Richtung: Immer noch kein Läufer in Sicht. Noch fiebern alle Zuschauer mit. Obwohl die Feuerwehrfrauen im Gemeindehaus bereits darauf warten, sie mit Kuchen zu verpflegen - trocken ein Euro, Torte 1,50 Euro, hausgemacht, einer verführerischer als der andere; Kuchen mit Kaffee, nach dem Rennen serviert an langen Tafeln mit feuerwehrroten Tischdecken, die eine Frauengruppe extra für diesen Anlass genäht hat. Doch soweit ist es noch nicht. Dennis rafft das vorletzte Ei. Kein Läufer in Sicht. Bereits auf dem Weg zum Korb hebt der zweimalige Sieger triumphierend eine Hand gen Himmel, sprintet zum letzen, hält inne, holt aus und wirft das Ei so weit, dass nicht mehr zu erkennen ist, wo es zerschellt. "Dennis, Du hast es geschafft!", jubelt der Junge, während die Zuschauer lautstark applaudieren. Für sie naht die Zeit des Kuchens…vielleicht russischer Zupf- oder Schmand-Mandarinen- oder einfach nur Marmor-…oder doch die Torte…? Welch süßer Sonntag.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort