Faszination an der Erdkruste

Frank Sirocko, Geologie-Professor an der Uni Mainz, faszinierte bei einem Vortrag in Gerolstein 70 Zuhörer. Er stellte seine aktuellsten Forschungsergebnissen über den Einfluss der Eifel-Vulkane auf Klima- und Menschheitsentwicklung. Aktuell sei kein Vulkanausbruch zu befürchten. Niemand brauche aus Furcht auszuwandern.

 Frank Sirocko (rechts), Professor am geologischen Institut der Uni Mainz, und Peter Bitschene, promovierter Vulkanologe im Dienst des Gerolsteiner Landes. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Frank Sirocko (rechts), Professor am geologischen Institut der Uni Mainz, und Peter Bitschene, promovierter Vulkanologe im Dienst des Gerolsteiner Landes. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Gerolstein. Das verfilmte Horror-Szenario "Vulkan" um einen Vulkanausbruch in der Eifel bezeichnet Frank Sirocko als "Science Fiction mit viel heißer Luft um nichts". Der promovierte Geologe hält sich lieber an Fakten. Danach bestehe kein Anlass für Hysterie. Schelmisch grinsend meint er: "Er gibt keinen Grund, aus der herrlichen Eifel auszuwandern." Ein Senior aus dem Publikum verrät kopfschüttelnd: "Nach dem Film über den Vulkan gab es in unserer Straße tatsächlich Leute, die sich einen Wohnwagen anschaffen wollten, um sich rascher in Sicherheit bringen zu können."

Wissenschaftler nehmen die Eifel unter die Lupe



Mit einem 40-köpfigen Team nimmt Sirocko seit Monaten die Eifel unter die Lupe. Sirocko: "Ende nächsten Jahres werden alle 68 Maare der Eifel ein Loch haben." Gemeint sind Bohrlöcher, wobei ein Kern aus der Erdkruste herausgedreht wird. Anhand der Sedimentschichten (Ablagerungen), die der Bohrkern wie an einer Perlenschnur aufgereiht offenlegt, können die Wissenschaftler viel ablesen. 1730 Meter Bohrkerne aus Trockenmaaren und 60 Meter aus Maarseen sind bereits ausgewertet. Sirocko stellte in Gerolstein erstmals dem Eifeler Publikum die Ergebnisse vor.

Die Besucher waren begeistert. Kurt Frohn aus Nerdlen resümierte: "Faszinierend, was die Experten alles aus den Bodenprofilen herauslesen können. Das ist irre spannend."

Sirocko zeigte über zwei Stunden lang in unterhaltsamer Weise die Auswirkungen der Eifel-Vulkane auf die Klima- und Menschheitsentwicklung auf. Danach wurde 3600 vor Christus in der Eifel erstmals Getreide angebaut. An Fotos vom Bohrkern des Ulmener Maares zeigte er auf, dass 1986 die Tschernobyl-Katastrophe sich mit extremem Cäsiumgehalt darstellt.

Den "modernen Menschen", der Pferde und Mammuts jagte, weist der Uni-Professor im Bohrkern des Dehner Trockenmaars (Schönfeld an der Oberen Kyll) 35 000 Jahre vor Christus nach. Die Furcht vor drohenden Vulkanausbrüchen in der Jetztzeit nimmt er allen Zuhörern. Im Kern des Dehner Trockenmaares sei beispielsweise der Ausbruch des Schalkenmehrener Maares vor 20 000 Jahren nicht angezeigt, sehr wohl aber der Ausbruch des Laacher Sees 10 000 vor Christus.

Sirocko erklärt den Unterschied zwischen den zwei Eruptionsarten, wonach einzig der Ausbruch des Laacher Sees zu der einen Kategorie zählte und verheerende Folgen hatte. Alle anderen 250 Vulkanaktivitäten in den vergangenen 100 000 Jahren in der Eifel seien lokal auf wenige Kilometer und meist nur eine Ortschaft begrenzt gewesen. Sirocko ist auch Herausgeber der neuen Buchs "Wetter, Klima, Menschheitsentwicklung - Von der Eiszeit bis ins 21. Jahrhundert", in dem Maarsedimente die Grundlage für Forschungen bilden (Bericht folgt).

Frank Sirocko (Hrsg.), Wetter, Klima, Menschheitsentwicklung. Von der Eiszeit bis ins 21. Jahrhundert (Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt und Konrad Theiss Verlag Stuttgart 2009) 208 Seiten. ISBN 978-3-8062-2268-5. Preis 39,90 Euro.

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