Loses Pflaster, klare Regeln und viel Frust

Geregelte Verhältnisse: Wie schnell darf gefahren, wo geparkt, wo Tische und Stühle aufgestellt werden, wie viel Platz dürfen Geschäftsinhaber nutzen und wie viel kostet das? Diese und weitere Fragen werden in der Nutzungssatzung für den verkehrsberuhigten Bereich in der Hauptstraße in Gerolstein beantwortet, die der Bauausschuss der Stadt nun aufgestellt hat.

Gerolstein. "Wenn jetzt bereits eine Entscheidung gefallen ist, habe ich bald keine Lust mehr." Verbittert und enttäuscht reagierte der Vorsitzende des Gewerbevereins Gerolstein, Heinz Weber, auf die Nachricht nach dem Satzungsbeschluss im Bauausschuss. Und er fügte hinzu: "Wir, als die am stärksten Betroffenen, haben ja wohl ein Anrecht darauf, gehört zu werden. Und zwar vor einer Entscheidung!" Die fällt endgültig erst am 4. Dezember, wenn sich der Stadtrat mit dem Thema befasst. Der Beschluss des Ausschusses hat nur Empfehlungscharakter, oftmals werden diese Empfehlungen aber unverändert übernommen.

Vor gut sechs Wochen habe er, so Weber, der Stadt einen Brief geschrieben mit der Bitte, in die Entscheidung über die künftige Nutzung in der Hauptstraße einbezogen zu werden. "Die Antwort lautete, dass noch nichts konkret sei und wir, sobald es spruchreif wird, einbezogen werden. Und jetzt das!"

Gerolsteins Stadtbürgermeister Karl-Heinz Schwartz (CDU) sagte, angesprochen auf die Beteiligung der Gewerbetreibenden: "Die Stadt hat mit Anwohnern gesprochen, es gab aber keine detaillierte Befragung von uns, wer was wünscht. Da hat der Gewerbeverein eine Bringschuld, schließlich steht die Entscheidung zum verkehrsberuhigten Bereich seit Jahren an." Im Übrigen seien Ideen von Anwohnern mit eingeflossen. Welche das im Einzelnen seien, sagte er aber nicht.

Ordnungsamtsleiter Hermann-Josef Wirp, der von Anfang an in die Entscheidungsfindung einbezogen war, da seine Abteilung letztlich für die Umsetzung der Regeln zuständig ist, sagte: "Wenn die Satzung endgültig beschlossen ist, gehen wir an die Öffentlichkeit. Angedacht ist unter anderem eine Infoveranstaltung mit dem Gewerbeverein."

Im Zusammenhang mit dem nun gefassten Beschluss sprach Schwartz von einer "Lösung, die für alle Beteiligten nachvollziehbar und tragbar ist". Er gehe daher "nicht davon aus, dass das Geschreie groß sein wird, weil es jetzt endlich zu einer klaren Regelung kommt".

Die sieht nach aktuellem Stand Folgendes vor:

Sommer-Winter-Regelung: In der Sommer-Periode (1. April bis 31. Oktober) ist Außenwerbung und Außengastronomie umfangreich erlaubt, in der Winterperiode (1. November bis 31. März) müssen Tische und Stühle rein geräumt werden. Aus optischen Gründen und, um eventuell zusätzliche Parkplätze zu schaffen. Bei fest installierter Außengastronomie wird noch nach einer Zusatzregelung gesucht.

Parkflächen: Neben den bereits eingezeichneten Parkflächen könnten vor allem im oberen Bereich der Hauptstraße weitere dazukommen. Ziel: Die gerade Fahrbahn, die zu schnellem Fahren verleitet, soll durch Parkplätze und Verschwenkungen unterbrochen werden.

Verkehrsberuhigung: Im verkehrsberuhigten Bereich sind alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt. Autofahrer dürfen demnach nur Schrittgeschwindigkeit fahren. Da sich daran aber kaum einer hält, sind zusätzliche Maßnahmen angedacht: Verschwenkungen der Straße, große Pflanzkübel, Aufpflasterungen und auch so genannte Kölner Teller. Das sind aus dem Boden ragende Metallbeulen, die den Autofahrer zum Abbremsen zwingen. Sie stellen aber auch eine Gefahr für Radfahrer dar. Zudem wird überlegt, an Eingang ein großes Transparent mit der Aufschrift "Schrittgeschwindigkeit: maximal 4 bis 7 Km/h" aufzuhängen.

Gebühren: Die städtischen Flächen werden in zwei Zonen eingeteilt. Zone 1 umfasst die Kernstadt und ist teurer, Zone 2 die Außenbereiche. Es wird eine je nach Art der Nutzung gestaffelte Gebühr pro Quadratmeter Fläche und Monat erhoben. Sie reicht von 50 Cent bis 30 Euro. Zudem gibt es einen Mindestbeitrag. Beispielsweise kostet ein Quadratmeter für Außengastronomie in der Kernstadt drei Euro pro Monat. Der Mindestbeitrag liegt bei 25 Euro. Bislang war die Nutzung der städtischen Flächen für die Händler und Gastronomen gratis.

Fläche: Jeder Gewerbetreibende darf maximal die Fläche vor seinem Geschäft nutzen.

Start: Ob die Regelung rückwirkend, ab sofort oder erst ab kommendem Jahr in Kraft tritt, entscheidet der Stadtrat. Darüber hinaus wird derzeit diskutiert, ob der mittlere Bereich (dort, wo die Autos fahren) asphaltiert wird. Während der Stadtbürgermeister (und Fahrlehrer) dafür ist, "weil ein Pflasterbelag nicht zum dauerhaften Befahren geeignet ist", gibt die Polizei zu bedenken, dass dadurch möglicherweise der Eindruck einer Fahrspur entsteht. Das ist erstens unzulässig und könnte zweitens dazu führen, dass noch schneller gefahren wird. Fakt ist aber auch: Der Pflasterbelag in der Hauptstraße ist dort, wo die Autos fahren, arg in Mitleidenschaft gezogen und müsste erneuert werden.

Meinung

Zauberwort Kandidatur

Die Diskussion um die künftig Nutzung der ehemaligen Fußgängerzone dürfte dem Gewerbeverein Gerolstein erneut deutlich vor Augen führen, wie wichtig politische Einflussnahme für die eigenen Ziele ist und wie wenig Einfluss er selbst auf die Stadtpolitik hat. Aber: 2009 ist Kommunalwahl. Und da hat der Gewerbeverein selbst die Trümpfe in der Hand entweder eine eigene Liste aufzustellen oder Mitglieder zu einer Kandidatur auf einer der anderen Listen zu bewegen. Wie gut das funktioniert, ist in Daun zu sehen. Dort bilden die Gewebetreibenden zum einen eine starke Fraktion im Stadtrat, zum anderen ist der Vorsitzende zugleich Dritter Beigeordneter und somit in alle wichtigen Stadtentscheidungen frühzeitig und umfassend eingeweiht. m.huebner@volksfreund.de

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