Alle Seiten sagen Nein

Der Verbandsgemeinderat Kell am See lehnt die im Entwurf des neuen Landesentwicklungsprogramms formulierten Ziele geschlossen ab. Alle Fraktionen sind der Auffassung, dass die Mainzer Pläne in wichtigen Punkten den ländlichen Raum klar benachteiligen und die kommunale Selbstverwaltung gefährden.

Kell am See. "Hut ab, dass du als SPD-Mann so eine Rede hälst" - nicht nur für Ditttmar Lauer (CDU) waren die deutlichen Worte, die kurz zuvor Manfred Rommelfanger, der Sprecher der SPD-Fraktion, in der Sitzung des VG-Rats gefunden hatte, eine kleine Überraschung. Auf der Tagesordnung stand die Debatte über das neue Landesentwicklungsprogramm (LEP IV), dass im Herbst verabschiedet werden soll. Alle Kommunen sind dazu aufgefordert, sich zu dem von der SPD-Landesregierung aufgestellten Konzept zu äußern. Dass die CDU-Fraktion im Keller VG-Rat das Programm kritisch betrachten würde, konnte kaum verwundern - schließlich hatten die Christdemokraten auch andernorts in den zurückliegenden Wochen ihr Unverständnis über das Programm deutlich zum Ausdruck gebracht. Fraktionssprecher Klaus Marx blies daher ins gleiche Horn und sagte: "In Mainz wird alles über einen Kamm geschert. So können wir uns nicht unterbuttern lassen." Seinen Unmut machte er an einem Beispiel fest. Im Entwurf zum LEP IV ist vorgesehen, dass künftig nur noch in denjenigen Gemeinden eine Ausweisung von Neubaugebieten möglich sein soll, die an Haltepunkten des Rheinland-Pfalz-Takts liegen und somit regelmäßig vom öffentlichen Personennahverkehr mit Bus oder Bahn bedient werden. Damit könnten nur noch in wenigen Dörfern im ländlichen Raum Neubaugebiete erschlossen werden. "Dabei gehen Experten von der Uni Trier davon aus, dass wir in der VG Kell bis 2015 sogar einen Bevölkerungszuwachs haben", betonte Marx. Einen klaren Standpunkt vertrat Bürgermeister Werner Angsten. Das Programm beinhalte mehrere Zielsetzungen, die "unsere VG knallhart und nachteilig betreffen würden". Wenn - wie vorgesehen - Naturschutz- oder FFH-Gebiete zu einem so genannten Biotopverbund zusammengefasst werden, könne das die wirtschafliche Entwicklung in den Dörfern der VG Kell belasten und beispielsweise die Ausweisung von Gewerbegebieten unmöglich machen. "Unsere Luft zum Atmen würde also noch dünner." "Bürokratische Regulierungswut"

Denkbare Projekte wie die Erweiterung des Ferienparks oder die Errichtung eines Golfplatzes würden ebenfalls erschwert, wenn das Programm in dieser Form umgesetzt würde. Zudem ist für Angsten die klare Tendenz erkennbar, dass Mainz in den Ballungszentren und den dichter besiedelten Gebieten seine Präferenzen setzt und dorthin künftig die Fördermittel des Landes fließen. Doch zurück zu Manfred Rommelfanger: Ausgerechnet er stellte den Entwurf seiner Parteifreunde in Mainz mit den markantesten Aussagen an den Pranger. Er nannte das Programm ein "sehr ärgerliches Beispiel für bürokratische Regulierungswut, mit der wir zu Erfüllungsgehilfen degradiert werden". Die Leute, die in den Kommunen die praxisnahe Arbeit vor Ort leisten, müssten auch weiterhin selbstbestimmt über die Entwicklung ihres unmittelbaren Lebensbereiches bestimmen können. Dies sei durch die "dirigistischen" Vorgaben im LEP IV aber gefährdet. Rommelfanger bot deshalb den Fraktionen von CDU und FWG an, eine gemeinsame Protest-Resolution auf den Weg zu bringen. Denn: "Es kann nicht sein, dass der goldene Zügel jetzt durch eine stählerne Kandare ersetzt werden soll." Meinung Klares Signal aus Kell Es ist ein Signal nach Mainz, das an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt: Die Schwachen - und dazu gehört die VG Kell - wollen es sich nicht bieten lassen, dass das Land in erster Linie die Starken stärken will. Der Grundgedanke mag richtig sein: Das meiste Geld muss die öffentliche Hand dorthin pumpen, wo viele Menschen leben. Das darf freilich nicht dazu führen, dass die Bewohner ländlich strukturierter Gebiete den Eindruck gewinnen müssen, dass ihre Heimat als Lebensraum zweiter Klasse behandelt wird. Berechtigt ist auch der Protest gegen die Tendenz zur Bevormundung. So sollten kleine Gemeinden immer noch das Recht behalten, selbst zu entscheiden, ob sie ein Neubaugebiet erschließen wollen. Das ist nur einer von mehreren Punkten, bei denen der Mainzer Entwurf einer dringenden Nachbesserung bedarf. a.munsteiner@volksfreund.de

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