Brücke in die Vergangenheit

HINZERT-PÖLERT. Heute wird an der Gedenkstätte des SS-Sonderlagers/KZ Hinzert Richtfest gefeiert. Schon im Voraus erfuhr die Bevölkerung von Hinzert-Pölert bei einer Bürgerversammlung, wie die Gedenkstätte aussehen soll.

"Es ist eine denkwürdige Sache, dass wir uns hier treffen", sagte Ortsbürgermeisterin Mathilde Müller zu Beginn der Bürgerversammlung im Rohbau der zukünftigen Gedenkstätte. Damit spielte sie auch auf die Diskussionen an, die es im Vorfeld über den Sinn der Gedenkstätte gegeben hatte. "Akzeptanz vor Ort ist wichtig für dieses Projekt", sagte Dieter Schiffmann, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung. "Die Architektur ist sicher für den einen oder anderen gewöhnungsbedürftig, erregt aber Aufsehen." Der Bau und die Einrichtung der Gedenkstätte kosten 3,2 Millionen Euro - je zur Hälfte finanziert vom Land Rheinland-Pfalz und aus Bundesmitteln. "Das Land und der Bund haben sich dem Gedenken an die Opfer gestellt", sagte Schiffmann. "Der Ort ist von herausgehobenem, auch internationalem Interesse." Die Gedenkstätte ist ein länglicher, gewölbter Bau, der flach in der Landschaft liegt. Das Gebäude, das in fertigem Zustand von einer Wiese umgeben sein wird, ist aus vorgefertigten Stahlteilen gebaut. Noch sind die Stahlteile rostig, sie werden aber noch in einem zwischen ocker und braun liegenden Farbton gestrichen und mit einer Paraffinschicht überzogen. Dadurch ergibt sich nach Aussage des Architekten, Professor Wolfgang Lorch, ein leicht transparenter Eindruck. Das Innere des Gebäudes wird mit Holz ausgekleidet. Direkt auf die Wände sind die Texte der Dauerausstellung aufgedruckt, deren Aufbau die zukünftige Leiterin der Gedenkstätte, Beate Welter, vorstellte. Dokumentiert werden die Entstehung und organisatorische Entwicklung des SS-Sonderlagers/KZ Hinzert und seine Funktionen. Ein Teil der Ausstellung beschäftigt sich mit den Morden in Hinzert und stellt Täter und Opfer vor. Gezeigt werden auch Berichte von Häftlingen über Hilfsaktionen der Bevölkerung aus der Umgebung. Außerdem ist der Lageralltag dokumentiert, zu dem nur wenige Ausstellungsstücke erhalten sind: ein Hocker, ein Spind und ein Stück Stacheldraht. Im hinteren Bereich des länglichen Gebäudes ist - neben Büros und Betriebsräumen - ein Seminarraum vorgesehen. Er soll beispielsweise von Schülergruppen genutzt werden. Wenn bei besonderen Anlässen, etwa der jährlichen Gedenkfeier, größere Gruppen erwartet werden, kann auch der Ausstellungsraum für Veranstaltungen genutzt werden. Das auffälligste Element der Ausstellung in der Gedenkstätte wird ein Panorama-Fenster sein, auf das ein Foto des Lagergeländes gedruckt wird. Durch die Überblendung der idyllischen Landschaft auf das Foto des Lagers will der Architekt der Gedenkstätte den Bezug zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit herstellen. Das Gelände sei "kein normaler Ort", sagte er. Die Gedenkstätte sei nötig, weil der idyllisch gelegene Friedhof nicht an die Vergangenheit des Ortes erinnere. Seine Aufgabe sei es gewesen, das nicht Greifbare, die geschichtliche Verwerfung darzustellen. Unter den Bürgern der Gemeinde Hinzert-Pölert - ein gutes Dutzend von ihnen war zu der Versammlung gekommen - stößt die Gedenkstätte nicht nur auf Gegenliebe. 3,2 Millionen Euro Steuergelder für Bau und Einrichtung erschienen ihm zu viel angesichts akuter Geldknappheit an den Schulen der Umgebung, sagte etwa ein Bürger. Uwe Bader von der Landeszentrale für politische Bildung verteidigte die Pläne: "Sicher gab es Zeiten, zu denen das Geld lockerer saß, natürlich gibt es Probleme im Land." Die Gedenkstätte sei aber "überfällig". Auch der Aspekt der Sicherheit kam bei der Versammlung zur Sprache. Das Land will per Gesetz Aufmärsche von Rechtsextremen an der Gedenkstätte verbieten. Technisch ist die Gedenkstätte durch eine Alarmanlage und andere Überwachungs-Geräte geschützt. Und wie ist es vor Sprühern geschützt? "Das Gebäude wird doch paraffiniert", sagt Lorch. "Da hält nichts drauf." Das Richtfest an der Gedenkstätte ist heute um 15 Uhr. Die Einweihung ist für den 10. Dezember geplant.

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