"Ein Wahnsinnsprojekt"

Im saarländischen Nonnweiler geht seit einiger Zeit bei Bürgern und Politikern die Angst um. Grund dafür sind die Pläne eines Privatmanns, der auf dem Gelände seiner Tongrube in Mariahütte eine große Sondermülldeponie errichten will. Auch bei den rheinland-pfälzischen Nachbarn ruft dieses Vorhaben wachsende Besorgnis hervor.

Nonnweiler/Hermeskeil. Die Front der Ablehnung ist geschlossen: Auf 320 Mitglieder ist inzwischen die Bürgerinitiative (BI) in Nonnweiler angewachsen, die die geplante Einrichtung einer Sonderabfalldeponie verhindern will (siehe Hintergrund). Auch der politische Wille ist parteiübergreifend eindeutig: Der Nonnweiler Bürgermeister Hans-Uwe Schneider (CDU) kündigt an, "dass wir uns mit allen politischen und juristischen Mitteln gegen dieses Wahnsinnsvorhaben wehren werden". Er betont, dass eine solche Kippe den zentralen Interessen der Kur- und Fremdenverkehrsgemeinde zuwiderläuft. Hinzu kommt die unmittelbare Nähe des Deponiestandorts zum Gewerbegebiet in Otzenhausen. Dort ist unter anderem der Lebensmittel-Hersteller "Wagner Tiefkühlprodukte GmbH" mit 1200 Beschäftigten ansässig, der seinerseits die Pläne als "latente Gefahr" bezeichnet und einen "Imageschaden für unsere Marke" befürchtet. Nonnweiler sei aber mitnichten allein betroffen, betont Schneider: "Ich sehe eine Beeinträchtigung der ganzen Region." Der Kreistag St. Wendel hat in einer Resolution seine "kategorische Ablehnung" bereits einstimmig kundgetan, und auch Ministerpräsident Peter Müller (CDU) hat sich schon öffentlich gegen die Deponie ausgesprochen.Gleichwohl betont Schneider, "dass wir es mit einer harten Nuss zu tun haben". Denn: Mit dem Raumordnungsverfahren hat der Betreiber der Tongrube eine wichtige Hürde auf dem Genehmigungsweg bereits genommen. "Dem Betrieb einer Deponie stehen die Maßgaben überörtlicher Ziele und Erfordernisse der Raumordnung nicht entgegen", heißt es im Abschlussbescheid des saarländischen Umweltministeriums. Noch muss das Unternehmen "Hofgut Peterberg Mariahütte" aber das Planfeststellungsverfahren überwinden. Dieses Verfahren ist inzwischen eingeleitet. Wann mit seinem Abschluss zu rechnen und eine Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens gefallen ist, sei aber schwer abzuschätzen. "Ich gehe von wenigstens einem Jahr aus. Es kann aber auch noch länger dauern", betont Schneider.

Gegner sehen Trinkwasser gefährdet

Die BI führt in ihrem Kampf Argumente wie die starke Beeinträchtigung der Lebensqualität durch permanenten Lärm, giftigen Staub in der Luft und unangenehme Gerüche ins Feld. Ein hohes Gefahrenpotenzial für die Gesundheit sehen BI und Gemeinde zudem darin, dass Sickerwasser aus der Tongrube zu einer "möglichen Kontamination des talabwärts gelegenen Trinkwasser-Gewinnungsgebiets Primstal führen" könnte.

Auch im Raum Hermeskeil stoßen die Pläne direkt hinter der Landesgrenze auf wachsende Besorgnis. "Wir lehnen die Deponie ab. Sie hätte nicht nur Nachteile für die Entwicklung des Tourismus. Wir sehen insbesondere auch wegen der Nähe zur Talsperre Nonnweiler eine Gefahr für unser Trinkwasser-Reservoir", sagt der Hermeskeiler Bürgermeister Michael Hülpes. "Die Belange und Interessen des Naturparks Saar-Hunsrück werden durch die geplante Einrichtung dieser Sondermülldeponie stark gestört", heißt es in einer Resolution, die der in Hermeskeil ansässige Naturpark-Verein in seiner jüngsten Vorstandssitzung verabschiedet hat. "Die Bedenken beziehen sich dabei auf "nahezu alle Teile des Geo-Ökosystems". Zudem geht der Verein von einem irreversiblen Eingriff in das Landschaftsbild aus. Der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz (CDU) betont schließlich: "Wir haben ausdrückliches Verständnis für die Betroffenheit der Gemeinde Nonnweiler. Wir werden deshalb ihre Bemühungen unterstützen und darauf drängen, in dem anstehenden Planfeststellungsverfahren als Gebietskörperschaft im Naturpark beteiligt zu werden."

Sondermülldeponie Die geplante Sondermülldeponie Nonnweiler/Mariahütte soll auf einer Fläche von acht Hektar entstehen. Demnach könnten dort bis zu 1,2 Millionen Kubikmeter Müll eingelagert werden. Die Betreiber der Tongrube bemühen sich um die Genehmigung einer Deponie der Kategorien II und III. Die Kategorie III ist in der Abfallwirtschaft die höchste Stufe und beinhaltet so genannte "überwachungsbedürftige Abfälle". Dazu könnten unter anderem Metallstäube, Ölabfälle und Abfälle aus flüssigen Brennstoffen, teerhaltige Produkte, asbesthaltige Baustoffe oder pharmazeutische Abfälle zählen. Die Betreiber der angestrebten Anlage gehen von einer Verfülldauer von zehn bis 15 Jahren aus. Geplant ist eine oberirdische Lagerung. In Deutschland gibt es derzeit 16 oberirdische Sonderabfalldeponien der Klasse III. Fakt sei, dass es im Saarland überhaupt keinen Bedarf für eine solche Sonderabfalldeponie gebe, sagt der Nonnweiler Bürgermeister Hans-Uwe Schneider im TV-Gespräch unter Berufung auf Aussagen des Entsorgungsverbands Saar (EVS). Wie die BI fürchtet er deshalb, dass Nonnweiler zum Ziel eines "europaweiten Müll-Tourismus" wird.

Meinung

Der Dreck muss wegbleiben

Kein Zweifel: Dieses Problem geht nicht nur die Saarländer etwas an. Es wäre für die touristische Entwicklung, den Wohnwert und für das ökologische Gleichgewicht der gesamten Hochwald-Region fatal, wenn in Nonnweiler tatsächlich eine Deponie für Sonderabfälle, oder nennen wir es beim Namen, für Giftmüll eingerichtet würde. Es ist ganz klar: Abgesehen von einem Unternehmer, der wohl zu Recht ein großes Geschäft wittert, will diese Deponie kein Mensch, und es braucht sie auch niemand. Es ist absolut nicht einzusehen, wenn die finanziellen Interessen eines Einzelnen über das Wohl tausender Bürger, vieler Gemeinden und einer ganzen Region gestellt würden. Deshalb wird diesen Plänen hoffentlich ein Riegel vorgeschoben. a.munsteiner@volksfreund.de

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