Fränkische Fundstücke aus der Eisenbahnzeit

Waldrach/Zerf · Einem vergessenen Stück Eisenbahngeschichte ist TV-Leser Eckart Leipprand auf die Spur gekommen. Er hat abseits des Ruwer-Hochwald-Radwegs Reste der früheren Telegrafenleitung gefunden.

 Ein Bild aus vergangener Zeit: Heute verkehren auf der Strecke keine Schienenbusse mehr, sondern Fahrräder. Foto: Archiv/Christian Mayer

Ein Bild aus vergangener Zeit: Heute verkehren auf der Strecke keine Schienenbusse mehr, sondern Fahrräder. Foto: Archiv/Christian Mayer

Waldrach/Zerf. Dort, wo der Ruwer-Hochwald-Radweg abseits auf Waldwegen verläuft, verwildert der alte Bahndamm unberührt vor sich hin, ganz weit hinter dem Ruwerknick bei Zerf zwischen Kilometer 27,6 und Kilometer 30,9.
Dort hat Eckart Leipprand außer ein paar Brocken Steinkohle noch Reste der alten Telegrafenleitung der ehemaligen Ruwertalbahn gefunden: abgebrochene Telegrafenmasten, verhedderte Stahlseile, kupferne Telegrafendrahtstücke und besonders die Scherben der weißen Porzellanisolatoren, über die der Telegrafendraht geführt wurde.
Je zwei blütenweiße Isolatoren steckten einst auf einem schweren eisernen Konsoltragbügel, der oben in die hölzernen Telegrafenmasten eingeschraubt war. Alles liegt verstreut und zerbrochen auf dem Boden.
Auf einer der Porzellanscherben hat Leipprand das Firmenwappen von "Rosenthal Selb Bavaria" entdeckt. Es ist das gleiche matt-olivgrüne Firmenzeichen, das auch auf edlem Tafelporzellan prangt.
An der alten Strecke gibt es eine überraschende Zahl von Porzellanserien und -modellen. Äußerlich sehen sie gleich aus. Doch fast jedes Stück hat ein anderes Logo, unterschiedliche Siegelprägung, Firmenstempel und Kennzeichnung. Das Spektrum reicht von "Rosenthal Selb Bavaria" bis zu der farblosen Eindruck-Prägung "RIG" oder der farbigen Zeichenprägung "RIG", was "Rosenthal Industriekeramik GmbH" bedeutet.
Der Keramikfriedhof


Es gibt eine weitere Porzellanfirma, welche dort geliefert hat: die bayerische "Kronacher Porzellanfabrik" von "Stockhardt und Schmidt" mit ihrem matt-olivgrünen Firmenzeichen eines spiegelbildlichen Doppel- S. Daneben gibt es auch gänzlich markenlose Exemplare.
Von der äußeren Form her gibt es zwei verschiedene Grundformen dieser Isolatoren: solche mit pilzförmigem und solche mit sattelartigem Köpfchen.
Bei der Suche ist Leipprand auf einen regelrechten Keramikfriedhof gestoßen, wo offenbar Altmetallsammler die fest sitzenden Porzellanteile von den Eisentragbügeln abgeschlagen und dabei das Porzellan zerschlagen haben. Nun liegen die größeren und kleineren Porzellanscherben verstreut auf dem Schotterdamm und in den Schotterböschungen.
Ein einziges Stück war nahezu unversehrt. Es wiegt 900 Gramm, ist 13 Zentimeter hoch und hat einen Durchmesser von neun Zentimetern.
Die schweren Eisentragbügel wiegen je fast zwei Kilogramm, haben einen quadratischen Querschnitt von 20 mal 20 Millimetern und haben an der Einschraubstelle ein schweres Holzgewinde. Leipprand sagt: "Als Kandelaber-Auslegerkonsolen sind sie von zeitloser technischer Schönheit, und sie sind auch viel zu schade für den Schrottplatz." red/har
Liebe Leser,
schon seit vielen Jahen fährt kein Zug mehr von Hermeskeil nach Trier. Was sind ihre Erinnerungen an die Eisenbahn im Ruwertal? Mailen Sie uns ihre Erlebnisse an echo@volksfreund.de
Namen und Wohnort bitte nicht vergessen.
Extra

Die Hochwaldbahn wurde 1889 in Betrieb genommen und führte über rund eine 50 Kilometer lange Strecke von Trier nach Hermeskeil und von dort aus weiter nach Türkismühle. Die Bahn spielte eine wichitge Rolle und diente den Bewohnern des Hochwalds als Transportmittel für Holz, Erz, Vieh sowie Lohe. Am Ende des Zweiten Weltkriegs waren 23 der 28 Brücken über die Ruwer zerstört. 1989 fuhr der letze reguläre Zug über die Strecke. 2009 wurde unter Einbeziehung eines Großteils der Eisenbahntrasse der Ruwer-Hochwald-Radweg eröffnet. harExtra

Eckart Leipprand wurde 1938 in Tübingen geboren. In Karlsruhe studierte er bei dem damals wichtigsten deutschen Architekturlehrer Professor Egon Eiermann. Das Studium schloss er 1966 mit dem Diplom ab. Er war von 1979 bis 2003 Leiter des Stadtplanungsamts der Stadt Trier. Er war zudem Lehrbeauftragter an der Universität im Bereich Raumentwicklung und Landesplanung. har

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort