Rettungsaktion mit vielen Knalleffekten

Kell am See/Saarlouis · Unter dem Kennwort "Schneller Adler" üben Einheiten der Bundeswehr-Luftlandebrigade 26 aus Saarlouis zurzeit brisante Einsätze in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Trainiert wird die schnelle Rettung von bedrängten deutschen Staatsbürgern aus Krisen- und Kriegsländern. In dieser Woche gastierten die Spezialinfanteristen bei Kell am See.

 Auch das noch: Bei der Übung der Bundeswehr erschweren Störenfriede die Rettungsaktion. TV-Foto: Friedemann Vetter

Auch das noch: Bei der Übung der Bundeswehr erschweren Störenfriede die Rettungsaktion. TV-Foto: Friedemann Vetter

Kell am See/Saarlouis. Noch ist der still daliegende Segelflugplatz bei Kell am See ein friedliches Idyll. Wenige Minuten später verwandelt sich die Szene: Plötzlich rasen vier schwere C 53-Transporthubschrauber über die Baumwipfel heran und setzen zur kurzen Landung an. Im anschließenden Bodenorkan der jeweils 8000 PS starken Flieger stürmen rund 60 schwer bewaffnete Soldaten aus den geöffneten Heckklappen und beginnen sofort mit der Besetzung des Flugfeldrands.
Während die C 53 wieder in ihre "sicheren Bereitstellungsräume" zurückeilen, beginnt für die Fallschirmjäger die Arbeit: Sie bewegen sich nun in einem fiktiven Krisengebiet, aus dem sie auf Anordnung der Bundesregierung acht deutsche und zwei britische Staatsangehörige herausholen sollen. Mit lauten Zurufen, Warnungen und Hinweisen arbeiten sich die Soldaten Meter für Meter vorsichtig auf dem unbekannten Terrain voran. Es ist der verabredete Treffpunkt, der sogenannte Sammelraum, wo sich die vom Auswärtigen Amt und Diplomatischen Dienst benannten zehn Menschen zum Flug in die Sicherheit einfinden sollen. Noch liegt ansonsten trügerische Ruhe über dem Gelände. Doch das Umfeld ist unsicher, und Überraschungen sind nicht auszuschließen.
Geübt werde an diesem Tag im Hochwald keine gewaltsame Geiselbefreiung, obwohl diese auch zu unseren Aufgaben zählen würde, sagt Brigadegeneral Andreas Hannemann, Kommandeur der 26. Luftlandebrigade. Im Ernstfall liefe diese Evakuierungsoperation mit Zustimmung der regulären Regierung des Krisenlands, wobei aber Gewaltaktionen von radikalen Kräften und Regierungsgegnern einkalkuliert werden müssten.
Damit die Veranstaltung für die übenden Berufssoldaten nicht zum Nachmittagsspaziergang wird, haben sich die Übungs-Planer einiges einfallen lassen. Etwa eine plötzlich lautstark herannahende Gruppe, die sich aus einem Waldweg nähert und mit Steinen sowie (simulierten) Molotowcocktails wirft. Während sich ein Teil der Soldaten auf diese Störer konzentriert, geraten die Posten auf der anderen Seite des Geländes plötzlich unter Beschuss. Die Angreifer sitzen irgendwo hinter dem Flugfeld am Waldrand. Heftig erwidern die Soldaten mit Sturmgewehren und MG das Feuer - das Gefecht zieht sich eine halbe Stunde lang hin.
Noch während der Schießerei kann auf der Gegenseite der Anführer der Randalierergruppe festgenommen und die Situation beruhigt werden. Schließlich treffen die zehn Menschen ein, um die es eigentlich geht.
Der Schusswechsel hat zudem zwei verwundete Soldaten gefordert - von den bewaffneten Angreifern fehlt jede Spur. Die Verletzten werden von Einsatz-Ersthelfern, den Combat First Respondern, medizinisch so weit versorgt, dass sie für den Rückflug transportfähig sind.
Minuten später landen wieder zwei der Hubschrauber und nehmen die zehn Zivilisten und die beiden Verletzten auf. Der Rest der Truppe bleibt zunächst am Boden und sichert bis zur Ankunft der nächsten zwei C 53.
Weitere Evakuierungsübungen der Brigade 26 der Bundeswehr: Am 23. September auf dem Standortübungsgelände Saarlouis und am 24. September (nur mit Fahrzeugen) auf dem ehemaligen Kasernengelände in Trier-Feyen.Extra

 Geschafft! Mit dem Hubschrauber werden die Flüchtlinge ausgeflogen. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Geschafft! Mit dem Hubschrauber werden die Flüchtlinge ausgeflogen. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Luftlandebrigade Saarland: Die Luftlandebrigade 26 ist ein Großverband mit rund 3300 Soldaten und besteht aus vier verschiedenen Einheiten in Lebach, Zweibrücken, Merzig und Saarlouis. Seit 1992 war die Brigade für UN und Nato im Einsatz: Kambodscha, Somalia, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Afghanistan. Erstmals in ein Feuergefecht geriet man 1997 bei der Evakuierung deutscher Staatsangehöriger aus Tirana (Albanien). Die Einsätze müssen ständig geübt werden. Die Manöverreihe in Rheinland-Pfalz und im Saarland war 18 Monate lang geplant und vorbereitet worden. Die bis zu 60 Mann starken Einsatztruppen vor Ort sind nur die Spitze des Eisbergs. So haben am Manöver in Kell insgesamt rund 600 Soldaten mitgewirkt. f.k.

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