Schatten auf Solarplänen

Der Bürgerservice Trier beabsichtigt, auf einer Hochfläche zwischen Deuselbach und Immert eine großflächige Fotovoltaik-Anlage ähnlich der bei Longuich zu bauen. Derzeit ist allerdings noch unklar, ob das Projekt realisiert wird.

 In Deuselbach soll eine großflächige Fotovoltaik-Anlage ähnlich der in Longuich entstehen (Foto). TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

In Deuselbach soll eine großflächige Fotovoltaik-Anlage ähnlich der in Longuich entstehen (Foto). TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Deuselbach. Vor wenigen Wochen wollte der Verbandsgemeinderat Thalfang die Pläne des Bürgerservice in Trier in Deuselbach auf die Überholspur setzen. Der Bau einer Drei-Megawatt-Fotovoltaik-Anlage sollte mit einer vereinfachten raumordnerischen Prüfung vorrangig behandelt werden. Das Inkrafttreten des neuen Flächennutzungsplans wollte man nicht abwarten. Nach Angaben von Horst Schneider, Geschäftsführer beim Trierer Bürgerservice, sind dort Anlagen in einer Größenordnung geplant, wie sie die gemeinnützige Gesellschaft in Longuich realisiert hat. Dort steht inzwischen auf rund zwölf Hektar das größte Solarkraftwerk des Landes Rheinland-Pfalz. In Deuselbach interessiert sich der Bürgerservice gemeinsam mit seinem Partner Phoenix Solar AG für eine rund 23 Hektar große Fläche, die der Ortsgemeinde gehört. Die Fläche soll allerdings längst nicht komplett genutzt werden. Wie das Prüfverfahren der Kreisverwaltung ausgeht, ist für drei landwirtschaftliche Betriebe, die auf dem Areal Flächen von der Gemeinde Deuselbach gepachtet haben, von großem Interesse. "Wir brauchen diese Flächen für unsere Betriebe", ärgert sich Horst Schmidt, dessen Sohn Uwe einen Hof mit Milch- und Mutterkuhhaltung betreibt. "Jetzt sieht es gerade so aus, als gehe es den Landwirten besser, und dann setzt man hier so ein Ding hin." Gemeinsam mit seinem Sohn, dessen Lebensgefährtin Margret Scholtes, den Landwirten Frank Klein sowie Stefan und Kurt-Jürgen Pfeiffer lehnt er deshalb die Pläne ab. Ebenso wie übrigens der Modellsportclub Erbeskopf, der sein Gelände unmittelbar neben der umstrittenen Fläche hat. "Wir sind von diesen Plänen nicht begeistert", betont der Vorsitzende Martin Ludwig. Seit 21 Jahren drehen die Modellflugzeuge der Mitglieder dort ihre Runden. Sie fürchten nun, dass dies künftig nicht mehr möglich ist und pochen auf eine uneingeschränkte Genehmigung. Ortsbürgermeister Reinhard Manz steht nach wie vor hinter dem Vorhaben. "In Sachen erneuerbare Energien müssen wir was tun", appelliert er, schon allein des Klimas wegen. Doch natürlich sieht er auch die handfesten finanziellen Vorteile für die Gemeinde. Er rechnet mit Pachteinnahmen um die 15 000 Euro pro Jahr. Ob der 300-Einwohner-Ort allerdings in den Genuss dieses Geldes kommt, ist nach wie vor unklar. Denn der Pachtvertrag sieht eine zweijährige Kündigungsfrist vor. So lange könne der Bürgerservice nicht warten, versichert Geschäftsführer Schneider. Ob die Landwirte noch einlenken, weiß Manz nicht, aber "ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben". "Wir sind nicht gegen Fotovoltaik. Nach unserer Ansicht gehören sie aber auf Hausdächer, nicht auf landwirtschaftliche Flächen", macht Uwe Schmidt deutlich, der seinen 85 Hektar großen Hof hauptberuflich betreibt und derzeit auf biologische Wirtschaftsweise umstellt. Schließlich könne man die Kühe nicht "aufs Dach stellen". Die Landwirte Frank Klein, Stefan und Kurt-Jürgen Pfeiffer argumentieren, dass es in der Region zu wenig - nämlich 255 Hektar - landwirtschaftliche Flächen gebe. Nutzungskonflikte wie diesen wird es Zukunft wohl häufiger geben. "Die Landwirtschaft braucht jede Fläche für die Nahrungsmittel-Produktion, die sie kriegen kann", macht Manfred Zelder, Vorsitzender des Bauern- und Winzerverbands im Kreis Bernkastel-Wittlich, auf das Problem aufmerksam. Erstens würden Chinesen und Inder auf dem Weltmarkt zunehmend Agrarprodukte nachfragen. Zweitens fallen wegen der Klimaveränderung immer mehr Flächen aus. Und drittens würden weltweit - vor allem in Argentinien, Brasilien und den USA - zunehmend Flächen zur Energiegewinnung genutzt. Wenig sinnvoll sei es deshalb, dass das Energie-Einspeisegesetz Fotovoltaik-Anlagen fördere, die auf ehemaligem Ackerland gebaut werden. Dem Bürgerservice war eine Alternativ-Fläche unterhalb der Wetterstation angeboten worden. Dort sei der Anteil Ackerland bedeutend niedriger und damit für die gemeinnützige Gesellschaft finanziell weniger attraktiv gewesen. Geschäftsführer Horst Schneider, der Arbeitsplätze in der Region schaffen will, will das Projekt allerdings nicht auf Biegen und Brechen durchsetzen: "Bei massiven Widerstand werden wir uns nicht aufdrängen." Außerdem habe die Gesellschaft noch vier, fünf andere Standorte im Auge. Meinung Starke Position der Landwirte Wer hätte das für möglich gehalten? Lange Jahre sorgten sich Fachleute um die Zukunft der deutschen Bauern und ehemals landwirtschaftliche Flächen, die verwildern und versteppen, weil sie niemand mehr bewirtschaften will. Dass sich diese Situation innerhalb kurzer Zeit derartig ändern würde, hat wohl kaum jemand geahnt. Das hat für die Landwirte natürlich auch große Vorteile, weil die Situation auf vielen Höfen wieder auskömmlich ist. Andere Probleme tauchen dadurch auf, oder sie verschärfen sich. Nutzungskonflikte wie dieser in Deuselbach, sei es durch große Solaranlagen oder durch den Anbau von Energiepflanzen, dürften also künftig häufiger auftreten. Wie sich die Situation am Fuß des Erbes kopfs entwickeln wird, hängt nicht zuletzt von den Landwirten selbst ab. Denn sie müssen einer vorzeitigen Vertragsaufhebung zustimmen. Sonst sieht's für die Solaranlage düster aus. i.rosenschild@volksfreund.de

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