Schöne alte Einkaufswelt

WALDWEILER. Man muss sie inzwischen zwar fast schon mit der Lupe suchen, doch es gibt sie noch: die guten alten Tante Emma-Läden, in denen die Dorfbewohner nicht nur alles Wichtige für den täglichen Hausbedarf kaufen können, sondern auch noch Zeit für ein gemütliches Schwätzchen bleibt. Einen dieser Läden betreibt Gisela Gouverneur zusammen mit Tochter Bärbel in Waldweiler.

Wenn die Menschen in Waldweiler ihre täglichen Einkäufe erledigen wollen, dann gehen sie seit fast 100 Jahren bei "Atzels" in die Saarstraße. So lautet im Sprachgebrauch des Dorfes der Hausname des Ladens, in dem heute die 68-jährige Gisela Gouverneur zusammen mit Tochter Bärbel (35) hinter dem Verkaufstresen steht. Ob Mehl, Milch oder Nudeln, frisches Brot, Wurst, Getränkekisten oder Zeitungen - in den Regalen des Tante Emma-Ladens der Familie Gouverneur findet sich auf zirka 30 Quadratmetern Verkaufsfläche so ziemlich alles, was im Haushalt benötigt wird.Den Laden in der Saarstraße gibt es seit 1906

"Gegründet hat das Geschäft meine Ur-Oma Margarethe Trampert, die 1906 mit 30 Jahren Witwe wurde, vier Kinder hatte, aber keinerlei Rentenanspruch. Deshalb hat sie sich aus der Not einen kleinen Laden angeschafft", berichtet Bärbel Gouverneur. Mehl, Zucker und Salz wurde damals noch aus Säcken verkauft, der Hering lagerte noch im Fass, und weil die Ur-Oma auch Textilien verkaufte, fuhr sie regelmäßig mit dem Zug nach Trier, um sich Stoffe zu besorgen, weiß die 35-Jährige aus Erzählungen. Dort, wo heute die Wohnstube der Familie ist, verkaufte später Großmutter Bärbel Honecker noch ihre Waren, bevor der Laden 1965 in den neuen Anbau übersiedelte. "Die Oma stand noch mit 90 Jahren hinter der Theke", sagt Bärbel Gouverneur - obwohl damals ihre Mutter Gisela das Geschäft schon lange übernommen hatte. "Ich habe mein ganzes Leben hier gearbeitet und in all den Jahren keinen einzigen Tag Urlaub gemacht. Das Geschäft hatte auch noch keinen einzigen Tag geschlossen", sagt Gisela Gouverneur, ohne dass dabei Bedauern anklingt. Im Gegenteil: Die Arbeit habe ihr aber immer sehr viel Spaß gemacht, versichert die 68-Jährige. Zumal viele Leute nicht nur gekommen seien, um bei ihr einzukaufen. "Es blieb auch immer noch genug Zeit für ein kleines Schwätzchen", sagt die Geschäfts-Inhaberin. Und das ist bis heute so geblieben: Nicht selten setzen sich die treuen Kunden nach dem Einkauf noch nebenan in die gemütliche Küche, um dort mit Gisela und Bärbel Gouverneur über das Neueste aus Waldweiler zu schwadronieren. Kein Wunder also, dass ihre Kundschaft seit jeher fast ausschließlich aus dem 900-Einwohner-Ort kommt, wobei vor allem vormittags noch viele Waldweilerer auf dem Weg zur Arbeit bei "Atzels" vorbeischauen. An Spitzentagen, beispielsweise samstags, klingelt zwar nach wie vor noch fast 80 Mal die Ladentür, doch Bärbel und Gisela Gouverneur geben offen zu, dass das Geschäft keine materiellen Reichtümer mehr abwirft. "Früher war schon mehr Betrieb", sagt Gisela Gouverneur. Doch damals hat es auch noch nicht so viele Supermärkte gegeben. In Kell am See oder auch in Losheim kaufen auch viele Kunden der Gouverneurs ein. "Zu uns kommen die Leute dann häufig nur noch, wenn sie etwas vergessen haben", weiß Bärbel Gouverneur aus Erfahrung."Für kleine Läden ist es schwierig, zu überleben"

Obwohl der Tante-Emma-Laden der Gouverneurs auf eine fast 100-jährigen Familientradition zurückblicken kann, zieht die junge Frau deshalb ein trauriges Fazit: "Für einen kleinen Laden wie uns ist es schon sehr schwierig, zu überleben", bekennt Bärbel Gouverneur.

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