Von den Zöllnern geschnappt

GUSENBURG. Die Gästeführungen sind der Trumpf der Tourist-Information Hermeskeil und die Glanzpunkte des Veranstaltungsprogramms. Der Spitzenreiter der Führungen ist die Gusenburger Schmugglertour, die gestern zum erstenmal in diesem Jahr auf Abwege lockte.

Vorsichtig bewegen sich die mit Rucksäcken ausgerüsteten Wanderer über den Waldweg. Körperhaltung und Mimik signalisieren, dass es sich um keinen normalen Sonntagsspaziergang handelt. An der Großmannkapelle vorbei geht es in Richtung Bierfeld. Noch ist alles ruhig, es scheint ein absolut friedlicher Sonntagynachmittag zu sein. Dennoch bleiben die Wanderer nervös. Fünf Kilometer lang ist die Strecke, die sie vor sich haben. Normalerweise keine große Entfernung, aber den einsamen Marschierern bei Gusenburg kommt sie vor wie eine Marathon-Distanz. Denn sie sind Schmuggler. Wenn die französischen Zöllner den Inhalt ihrer Rucksäcke inspizieren, sieht es böse aus. Schmuggler? Französische Zöllner? Bei Gusenburg? Eine imaginäre Zeitreise ist des Rätsels Lösung. Die Schmugglertouren sind nicht einfach nur eine Wanderung, auch wenn die herrliche Umgebung des Hochwaldorts eine solche absolut rechtfertigen würde. Wer die Tour mitmacht, wird zum Schmuggler im Jahr 1945 und muss den französischen Zoll überwinden oder übertölpeln. Die Gruppe nähert sich der damaligen Grenze zu Frankreich. Die Lumpenbuche, ein mächtiger alter Baum, markiert den Weg. Jeder hat einen Grenzgängerausweis. Der wird im Fall einer intensiven Kontrolle jedoch nichts nutzen. Man passiert die Dorhölle, die nach den Erzählungen der alten Leute im Dorf die Heimat des Dorhöllenmanns sein soll. Diese Gruselgestalt jagte den Nachtwanderern der Nachkriegszeit Angst und Schrecken ein. Dann geht alles blitzschnell. Die Befürchtungen der Schmugglergruppe werden Realität. Wie aus dem Nichts erscheinen zwei französische Zöllner, versperren den Weg und filzen jeden Einzelnen. Schon erstaunlich, was da so alles zum Vorschein kommt: Schnaps, Zigaretten, Schokolade, Parfüm, Perlonstrümpfe, Dessous und ein Fernglas. So nicht: Die Handschellen klicken, die Zöllner verhaften die Gesetzesbrecher an Ort und Stelle. Sie lassen die ertappten Grenzgänger allerdings gleich wieder laufen. Die historische Zollkontrolle ist fester Bestandteil der Gusenburger Schmugglertouren. Wem vor Schreck die Knie wackeln, der kann die Rückfahrt auf einem Planwagen antreten. Die Rückfahrt führte vorbei an der Bierfelder Nagelschmiede von Robert Hoffmann, einer 500 Jahre alten Buche mit einem Umfang von 5,10 Metern und der Grendericher Kapelle. Bei herrlichem Wetter feierten Tourist-Information und Verbandsgemeindeverwaltung gestern die Saisoneröffnung der Schmugglertouren, die Resonanz war groß. Informationsstände boten Auskünfte über das gesamte touristische Angebot. Für die musikalische Umrahmung sorgte der Musikverein Gusenburg. Die kleinen Besucher freuten sich über ein eigens für sie konzipiertes Erlebnisprogramm.

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