Wer zahlt die neuen Straßen?

Wenn's ums Geld geht, sind große Emotionen eine sichere Bank. Das galt am Dienstag auch bei einer Einwohnerversammlung in Reinsfeld. Sollen weiterhin nur die direkten Anlieger oder alle im Ort Beiträge zahlen, wenn künftig Straßen neu gemacht werden? So lautete die Frage, deren Für und Wider heftig diskutiert wurde.

Reinsfeld. Ein letztes Stimmungsbild vor der Grundsatzentscheidung am 11. März wollte sich der Gemeinderat am Dienstagabend verschaffen. Doch auch am Ende der Einwohnerversammlung in der Kulturhalle blieb für Ortsbürgermeister Rainer Spies (SPD) nur die Erkenntnis: "Wir stehen vor einer sehr schweren Entscheidung. Man hat gesehen, dass die Lager ziemlich ausgeglichen sind".In welcher Form soll die Gemeinde beim künftigen Ausbau von Straßen die Bürger finanziell mit ins Boot nehmen? Soll sie an der Einzelabrechnung festhalten oder auf den "wiederkehrenden Beitrag" (WKB) umschwenken. An dieser Frage schieden sich die Geister. Hans-Josef Malburg, Sachbearbeiter im Hermeskeiler Rathaus, hatte zunächst beide Systeme vorgestellt, wobei er ausdrücklich betonte: "Die Verwaltung gibt dem Gemeinderat keine Empfehlung für eine bestimmte Variante." Der gravierendste Unterschied ist, dass bei der bisher gültigen Einzelabrechung neben dem Anteil, den die Gemeinde bei Ausbauarbeiten übernimmt, nur die direkten Anlieger Beiträge zahlen müssen. Beim WKB müssen künftige Straßenbauprojekte vom ganzen Dorf mitfinanziert werden. Der Gemeindeanteil liegt in der Regel bei etwa 35 Prozent der Kosten. Ein großer oder viele kleinere Brocken

Sprich: Statt des einen großen Brockens für wenige Betroffene, zahlen bei einem Systemwechsel alle Reinsfelder kleinere Beträge, die aber häufiger erhoben werden. Wichtig war für Malburg der Hinweis, dass trotz der derzeit laufenden Bauarbeiten in der Brühlstraße und deren Nebenstraßen mit einem Kostenvolumen von 600 000 Euro ein Umstieg rechtlich kein Problem wäre. Denn für diese Straßenbau-Projekte wurden noch keine Beitrags-Bescheide verschickt. Anhand des konkreten Beispiels versuchte Malburg zudem darzulegen, was die zwei zur Debatte stehenden Alternativen für den Geldbeutel des Bürgers bedeuten (siehe Extra). Hiltrud Spies sprach sich vehement gegen einen Wechsel aus. Die an der Landesstraße wohnende Reinsfelderin betonte: "Ich hab' in der Vergangenheit schon zwei Mal geblutet." Nach Auffassung von Walter Henrich besteht die Gefahr, "dass wir der Willkür des Gemeinderats ausgesetzt sind, weil wir nicht mehr wie vorher bei den Anlieger-Versammlungen ein Mitspracherecht haben." Heinrich Götz forderte die rund 120 Zuhörer auf, "sich gegen eine pauschale Besteuerung zu wehren". Es gab aber auch mehrere Fürsprecher für den wiederkehrenden Beitrag: "Ich finde diese Lösung besser, weil ich weiß, wie schwer es für manche ist, die großen Summen bei der Einzelabrechnung aufzubringen. Ich denke auch nicht, dass wir jetzt dem Rat Tür und Tor öffnen, dass er unnötige Ausgaben macht", sagte Gisela Becker. Für Frank Schommer ist er "sozialverträglicher", und auch Veronika Mergens machte sich für den Umstieg auf den WKB stark. Auf die Frage von Heinz Eimer, ob wegen der geteilten Meinungen nicht eine Bürgerbefragung sinnvoll sei, gab es von Orts-Chef Spies aber ein klares Nein. Er betonte: "Der Rat ist von Ihnen gewählt und in der Lage, die Vor- und Nachteile abzuwägen und eine Entscheidung zu treffen." Beitragszahlen in Reinsfeld Zwischen 7040 und 16 640 Euro müssen die direkten Anlieger für den Ausbau von Brühl- und Nebenstraßen einmalig zahlen, wenn in Reinsfeld alles beim Alten bleibt. Beim Umstieg auf den wiederkehrenden Beitrag würden die Kosten für das Komplett-Paket von 600 000 Euro auf die Eigentümer aller Grundstücke im Ort verteilt. Davon gibt es 880. Wer allerdings bereits in der Vergangenheit schon einmal Ausbaubeiträge gezahlt hat, wird zumindest eine zeitlang nicht ein zweites Mal zur Kasse gebeten. Es gibt eine "Schonfrist" von maximal 20 Jahren, die für die Bewohner mehrerer Straßen in Reinsfeld gelten würde. Nach der aktuellen Berechnung der Verwaltung müssten die übrig gebliebenen Grundstückseigentümer für die derzeitigen Ausbauarbeiten "Brühlstraße" - über einen Zeitraum von zwei Jahren gestreckt - bei einer Parzellengröße bis zu 400 Quadratmeter rund 350 Euro, bei einer Grundstücksgröße bis 800 Quadratmeter etwa 700 Euro zahlen. Bei künftigen Straßenbauprojekten werden weitere Beitragszahlungen fällig. (ax)

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