Das doppelte Lottchen eines Hunsrückers

Wie klein die Welt zwischen Hunsrück und Eifel sein kann, musste Ende der 1960er Jahre ein Auszubildender aus der Gegend um Morbach erfahren, der ein fragwürdiges Doppelleben führte. Heimatforscher Berthold Staudt, der auch Kämmerer der Gemeinde Morbach ist, hat die Geschichte aufgeschrieben.

Morbach/Wittlich. Es war wohl um 1968, als ein junger Hunsrücker aus der Gegend von Morbach, nennen wir ihn Hansi, in Wittlich eine Arbeitsstelle annahm. Zu dieser Zeit wäre ein Jugendlicher, insbesondere im Winter, nicht jeden Tag 35 Kilometer zur Arbeit gefahren. Also mietete Hansi in Wittlich ein Zimmer. Damals war Wittlich zwar Kreisstadt des Landkreises Wittlich, aber in der Stadt war abends nichts los. Also fuhr Hansi mit seinem Bekannten, einem Wittlicher Jungen, aufs Dorf - nach Hasborn (Eifel). Dort lernten sie Mädels kennen, und man traf sich in der Dorfgaststätte mit anderen Jugendlichen.

Am Wochenende war Hansi zu Hause bei seinen Eltern im Hunsrück. Natürlich hatte er auch dort seinen Bekanntenkreis. Damals gab es in der Morbacher Gegend und "Überm Wald" mehrere Tanzlokale. Ob im Saale Kimmling in Morbach, im "Goldenen Anker" in Rhaunen, beim "Barcelona" in Hoxel oder der Diskothek "Erdnuss" in Sensweiler: Hansi war am Wochenende mit seinen Kumpels da. So lernte er ein Mädchen aus Allenbach kennen. Gemeinsam suchten sie die genannten Tanzlokale auf. Ja, und am Montag war Hansi wieder in der Eifel. Eines Montagabends geschah es, dass Hansi sein Mädchen in Hasborn abholen wollte. Aber was war das? Die junge Frau, welche die Haustür öffnete, war keine andere als die "Freundin" aus Allenbach. Ein Held war Hansi sicherlich nicht. Also suchte er das Weite.

Nach einigen Tagen fasste sich Hansi ein Herz und fragte bei seiner Hasborner "Freundin" an, was denn da los war. Die war natürlich sauer. "Nun", meinte sie, "ich bin Frisörlehrling und besuche die Berufsschule in Wittlich, wo auch die Frisörlehrlinge aus dem Landkreis Bernkastel hinkommen". Kurzum, der Zufall wollte es, dass die Frisöse aus Hasborn mit dem ebenfalls das Frisörhandwerk erlernenden Mädchen aus Allenbach gemeinsam eine Schulbank drückte. Bei dem Austausch über ihre Liebschaften stellte sich spätestens beim Autokennzeichen heraus, dass trotz der Entfernung von über 50 Kilometern beide an den gleichen Hansi geraten waren. Die Moral aus dieser Geschichte: Die Welt ist klein; darum erkunde zuerst, welchen Beruf deine Freundin ausübt.

Wenn auch Sie eine historische Anekdote kennen oder zu einem Ereignis eine persönliche Geschichte zu erzählen haben, schreiben Sie unter dem Stichwort "Dorfgeschichten" mit Namen, Adresse und Telefonnummer an die E-Mail-Adresse mosel@volksfreund.de. Wichtig ist, dass Ihre Geschichte höchstens 60 Druckzeilen (à 30 Anschlägen) umfasst.

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