Disco - Taxi - Rechtsextremismus

In diesen Tagen wählen Jugendliche der Einheitsgemeinde Morbach ein neues Jugendparlament. Dieses wird sich teils mit Themen beschäftigen, die schon bei der Premiere 1997 auf den Nägeln gebrannt haben, aber auch mit dem Problem Rechtsextremismus.

Morbach. Die Einladung zur ersten Wahldisco am 10. Januar 1997 mag heutigen Morbacher Jungparlamentariern eigenartig erscheinen. Warum in aller Welt thront da über allem ein Ziegenbock, neben dem zu lesen ist: "Erinnerst Du Dich noch an Jup, den Bock vom Jugendparlament"? Beim Betrachten des Plakattitels "Jetzt lernt der Bock laufen" muss Marcus Heintel, der erste Jupa-Vorsitzende, schmunzeln. Das Maskottchen sei aus der Idee "Bock auf Jugendparlament" geboren worden.Denn den hatten damals noch nicht allzu viele Jugendliche, wie die Wahlbeteiligung von unter fünf Prozent belegt. Und auch die Begeisterung der Erwachsenen hielt sich in Grenzen. Ein erster Antrag im Gemeinderat, sich grundsätzlich für ein Jugendparlament auszusprechen, war 1995 abgelehnt worden. Endgültig verankert in der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung sind Jupas erst seit Ende 1997. Erste Schritte hatten Heintel und seine Mitstreiter Jutta Zeimentz und Christian Hackethal schon 1994 getan. Fraktionen sind nicht erwünscht

In Bernkastel-Kues und Heidenburg habe es damals schon Jupas gegeben. Die Mustersatzungen erhielten sie aber von Altenkirchen und Mayen. Als zusätzlichen Punkt nahmen die Morbacher ein Fraktionsverbot auf: "Es sollten sich keine Grüppchen bilden", so Heintel. Eingesetzt habe sich das Jupa vor allem für einen Jugendpfleger. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Integration aus Russland zugezogener Jugendlicher gewesen. Später seien Themen dazu gekommen wie Jugendräume, Öffentlichkeitsarbeit, Kooperation mit anderen Jupas oder das Engagement für die Morbacher Partnergemeinden. Auch der Bau einer Skateranlage sei schon früh diskutiert worden. Zwischen Aktionen wie Grillpartys, Begegnungsfest oder Basketballturnier gab es zudem Info-Abende zu Drogen oder Jugendkriminalität.Die Schwerpunkte des heutigen Jugendparlaments sind laut der 2005 gewählten Vorsitzenden Julia Begass teils ähnlich. Ein Anliegen der elf Jugendlichen im Alter von 14 bis 21 Jahren sei zum Beispiel die Verknüpfung mit anderen Jugendparlamenten oder das angestrebte Jugendtaxi. Ein wichtiges Thema sei aber auch das Problem Rechtsextremismus. "Damit beschäftigen wir uns jetzt auch mit den ganzen Jugendparlamenten in Rheinland-Pfalz", hofft Begass auf den Erfolg landesweiter Projekte wie "Hände gegen Rechts". Gleichzeitig werde das Jupa mit Dingen wie Verschmutzungen an der Skateranlage konfrontiert. Jugendliche hätten sich beschwert, dass es dort immer unordentlich sei und Glasscherben herum liegen würden. In einem Fall wie diesem könne das Jupa sich allerdings nur dafür einsetzen, dass sich jemand darum kümmere: "Wenn Jugendliche zu Jugendlichen gehen, ist das nicht immer effektiv." In Aufgaben wie diesen zeigt sich auch ein wesentlicher Unterschied zu der Arbeit des ersten Gremiums. "Die haben sich um die Grundbedürfnisse gekümmert - aber das ist jetzt erledigt - jetzt muss es weiter gehen, tiefer gehen." Allerdings gehöre dazu auch mal eine Party für Jugendliche. Denn daran fehle es manchmal einfach. Unterm Strich zieht Begass eine positive Bilanz ihrer zweijährigen Amtszeit: "Im großen und ganzen denke ich schon, dass wir viel hinbekommen haben." Viele Dinge seien zudem noch geplant. Deshalb möchte die 18-Jährige auch für eine weitere Periode von künftig drei Jahren kandidieren. Chronologie 1995: Ein erster Vorstoß im Gemeinderat, ein Jugendparlament zu installieren, scheitert. 1997: Ein zweiter Versuch hat mehr Erfolg. In der Morbacher Teestube wird am 10. Januar 1997 im Rahmen einer Wahldisco abgestimmt. 17 Kandidaten kandidieren für 19 Plätze. Die Wahlbeteiligung liegt bei 4,48 Prozent. Der erste Vorsitzende des Morbacher Jugendparlaments ist Marcus Heintel, seine Stellvertreterin heißt Dajana Schneider. 1999: Die Wahlbeteiligung liegt mit 6,67 Prozent deutlich höher. Der neue Vorsitzende heißt Peter Deutschewitz. Auf Betreiben des Gremiums findet im August 1999 ein Streetsoccer-Turnier statt. 2000: Eine Skateboard-Anlage in der Nähe des Morbacher Freibads wird auf Betreiben des Jugendparlaments aufgestellt. 2001: Die Wahlbeteiligung beim Urnengang in der Teestube sinkt auf 3,57 Prozent. Dafür ringen 26 Kandidaten um 19 Plätze. Neuer Chef ist Sven Schabbach. Man setzt sich unter anderem für ein Jugendtaxi ein. 2003: Das Jugendparlament verordnet sich selbst eine Schlankheitskur. Um handlungsfähiger zu werden, werden aus 19 elf Sitze. Das Wahllokal ändert sich. Gewählt wird bei einem Skate-Wettbewerb am Skatepark. Die Wahlbeteiligung liegt bei 7,6 Prozent. Die neue Vorsitzende heißt Ramona Schneider. Das Jugendparlament beteiligt sich mit einem Stand am Windparkfest und an einem Volleyball-Turnier in Geraberg. 2005: Erneut ändert sich das Wahllokal. Im Morbacher Freibad wird bei Livemusik und Beachvolleyball gewählt. Die Wahlbeteiligung wächst auf beeindruckende 13,6 Prozent. Vorsitzende wird Julia Begass, Stellvertreter Alexander Schulz. Die Jungparlamentarier veranstalten erfolgreich eine "Funnight" und unterstützen die Teestube nach Kräften. 2006: Auf Wunsch des Jugendparlaments wird der Wahlmodus geändert. Ab sofort ist die Legislaturperiode drei Jahre lang. Gewählt werden kann auch per Briefwahl und per Mausclick.2007: Im Juni erfolgt die erste Briefwahl. Am 30. Juni wird die neue Besetzung bei einer Beachparty vorstellt.

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