Drache Bodo spricht auch koreanisch

MORBACH/LEHMEN. Die Kinder- und Jugendbücher des gebürtigen Morbachers Stefan Gemmel sind mittlerweile in 15 Sprachen zu lesen. Das ist in Rheinland-Pfalz spitze. Zudem wurde der Autor vom LiteraturBüro Rheinland-Pfalz zum "Autor des Monats" gekürt.

Schreiben ist einfach. Diesem Vorurteil begegnet der gebürtige Morbacher Kinderbuchautor Stefan Gemmel immer wieder. Doch schaut man sich die lange Liste von Büchern an, die der 36-Jährige bislang veröffentlichte, mag man tatsächlich dem Eindruck erliegen, die Worte und Sätze würden ihm nur so aus der Feder fließen. Spielerisch leicht kommen sie daher. Und das ist gewollt. "Ich will Texte abliefern, die beeindrucken und Spaß machen und denen man keineswegs anmerken soll, welche Schweiß treibende, tagelange Arbeit manchmal hinter einer Seite, einem Absatz oder gar einem einzigen Satz steckt." Geschrieben wird abends nach der "Tagesschau", wenn seine beiden Töchter Hannah und Franziska schlafen. Und den Computer macht er häufig erst nach Mitternacht aus. In Zeiten intensiven Schreibens schickt er die Familie schon mal in den Urlaub nach Morbach, schaltet den Anrufbeantworter ein und bringt den Fernseher in den Keller. Nichts soll ihn dann vom Schreiben abhalten. Auf diese Weise erscheinen von Gemmel, der heute in Lehmen an der Untermosel wohnt, in jedem Jahr bis zu sieben neue Bücher. Und längst nicht mehr nur in deutsch, sondern inzwischen in 15 Sprachen, darunter japanisch, isländisch, koreanisch und finnisch. Und damit ist Gemmel nach Angaben des Verbandes deutscher Schriftsteller der meist übersetzte Autor in Rheinland-Pfalz. Was ist der Grund dafür, dass Gemmel, der in Deutschland rund 240 Lesungen pro Jahr hält, im Ausland so erfolgreich ist? Der bescheidene Literat führt das auf seinen Verlag "bohem press" zurück, der international arbeite und sehr gute Kontakte haben. "So wie Du!" (bohem press 2005), das zweite Buch über den Drachen Bodo, wurde sogar ins Türkische übersetzt. "Das freut mich sehr, denn in dieser Sprache gab es bislang noch keines meiner Bücher", strahlt der Autor. Mit den Büchern über den hilfsbereiten Drachen Bodo hat es eine besondere Bewandtnis. Der erste Bodo-Band "Keine Angst, kleiner Hase" (bohem press 2002) ist Tochter Hannah gewidmet. Als sie zur Welt kam, weinte sie viel. Den gestressten Vater erinnerte das Kind an einen kleinen Drachen: gefährlich, aber doch sehr liebenswert. Nach der Geburt der zweiten Tochter Franziska dauerte es nicht lange, und Gemmel fühlte sich zu einem weiteren Drachenbuch inspiriert. So beliebt ist Bodo inzwischen, dass es ihn inzwischen als "supersüßes Knuddelstofftier" (Gemmel) gibt. Der aktuelle Autor des Monats, gekürt vom LiteraturBüro Rheinland-Pfalz, lässt sich gern vom eigenen Umfeld inspirieren, greift aber auch gesellschaftliche Anliegen auf. Mit dem Märchen "Der Fresskönig" (edition zweihorn 2005), einem seiner neuesten Werke, packt er beispielsweise ein heißes Eisen an. Das Bilderbuch mit beeindruckenden Zeichnungen von Wolfgang Zöhrer beschreibt den König eines fernen Landes, der von einer seltsamen Krankheit gequält wird: So viel er auch isst, er wird nicht satt. Ohne erhobenen Zeigefinger erhalten die Kinder eine durchaus unterhaltsame Lektion über Essstörungen und Übersättigung in jeglicher Hinsicht. "Was ist los mit Marie?" (edition zweihorn 2004) hat allerdings eine ganz andere Entstehungsgeschichte. Die Kölner Caritas plante ein Projekt zum Thema "Armut in Deutschland" in ihren Kindergärten. "Es war so ziemlich das Schwierigste, woran ich mich je gewagt hatte", gesteht der Autor dem TV. Denn ein Bilderbuch für Kindergartenkinder müsse ja glücklich enden. Aber wie kann bei diesem Thema ein Happy End aussehen, "wenn man ehrlich am Thema bleiben will und nicht in Kitsch abdriften möchte?" Gemmel gelang das Kunststück. Wie, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Übrigens: Auch momentan ist bei Gemmels der Anrufbeantworter wieder in Betrieb und der Fernseher im Keller. Der Autor arbeitet an einem neuen Projekt, das zur Frankfurter Buchmesse 2007 erscheinen soll. Worum es geht, verrät Gemmel nicht: "Das ist noch streng geheim."

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