Ein Hausdrachen mit Schlitz im Kleid

HINZERATH. (urs) Verwirrspiel auf der Bühne: Mit einem geheimnisvollen Modell-Kleid sorgt der Heimatverein Hinzerath für gehörigen Wirbel unter einer Schar Männer, die von karrieresüchtigen Damen drangsaliert werden.

Unter der Regie von Meinhard Polok probten die Männer der Theatergruppe des Heimatvereins Hinzerath den Aufstand. Jahrelang hat Hausdrache Regina Knobloch (Silke Herrmann, Parallel-Besetzung Gisela Martini) ihrem Angetrauten Kai-Uwe (Georg Sommer) und den Stiefsöhnen Max und Timo (Thomas Frenzer, Marko Staudt) die Hölle heiß gemacht. Als der Unternehmer-Gatte dann einmal Einhalt gebietet, segnet die Holde plötzlich das Zeitliche. Eine Fügung, die auch Hausmädchen Ilona (Steffi Marx) und die Drachendame in Lauerstellung, Max-Verlobte Linda (Nicole Eck), nicht bedauern. Erst recht Grund zur Freude hat Modeschöpferin Bernadette (Edda Kropp), die die Präsentation von Reginas geheimnisvollem Modell "Schlitz im Kleid" schon fürchtete. Als sich deren Ableben jedoch als kleiner Schwächeanfall erweist, ist das Chaos groß. Journalistin Margit Sommer (Renate Eck) sieht gar ihre Karriere als "Füllhalter der Öffentlichkeit" in Gefahr und will per Pistole nachhelfen. Was der dichtende Schlosser Ulf (Ortsvorsteher Hermann Moseler) jedoch getreu seinem Leitsatz "ich lasse rohe Kräfte walten, um Erfolge zu erhalten", vereitelt. Dabei erzielt er allerdings, wenn auch unfreiwillig, das gleiche Ergebnis: Die Löcher in ihrem Modell-Kleid machen Regina vor mehr als 200 Theaterbesuchern dann endgültig den Garaus. Ein Verwirrspiel, bei dem Hermann-Josef Staudt voll und ganz auf seine Kosten kam. "Die spielen schön, echt unterhaltend, das macht richtig Spaß" fand der Laientheaterfreund, der sich seit Jahren die Aufführungen in der näheren Umgebung anschaut. In Hinzerath war er bereits zum dritten Mal zu Gast. Die Mutter von "Bernadette" schaute sich bisher sogar noch mehr der seit 1988 jährlich stattfindenden Aufführungen des Theater-Teams aus derzeit 20 Aktiven an. "Ich habe früher selbst mitgespielt - in meinem Geburtsort", erzählte die ältere Dame aus Hecken bei Kirchberg. Allerdings hätten sie früher immer "dramatische Stücke" aufgeführt: "Da haben die Leute nicht gelacht, da haben sie geweint", begrüßte sie den Trend zu Lustspielen. Als Anhänger des Laientheaters war auch Bernd Kimmling schon vier- oder fünfmal in Hinzerath zu Gast. "Wir fahren überall hin - in der ganzen Umgebung", erzählte der Malborner.Erst im dritten Akt geht es richtig rund

Der erste Akt hatte Kimmling noch nicht überzeugt. "Das war schon mal schöner", harrte er gespannt der Überraschungen von Teil zwei und drei. Denn die sind, wie eine Hinzeratherin weiß, die sich die Aufführungen bisher praktisch nie entgehen ließ, immer die spannenderen. "Der erste Akt geht immer ein bisschen langsamer an, erst beim dritten kommt dann die richtige Pointe", verriet die 70-Jährige. Dem Applaus nach zu urteilen, bewahrheitete sich das auch diesmal. Die Resonanz ist den Darstellern Motivation und Lohn zugleich. Regisseur Polok hatte das eingangs vor sogar aus Siegburg angereisten Theaterfans angemerkt: "Die Leute leben von dem Applaus; wir haben nämlich kein Geld, sie zu bezahlen."

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