Ein Urteil und seine Folgen

BERGLICHT. Für einigen Gesprächsstoff sorgt derzeit ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Koblenz in einem Normenkontrollverfahren. Die Koblenzer Richter entschieden, dass der gemeinsame Bebauungsplan der vier Gemeinden Berglicht, Heidenburg, Büdlich und Breit für den Windpark "Auf dem Siebert" bei Berglicht nichtig ist.

Der Teufel steckt im Detail: Einen gemeinsamen Bebauungsplan in der Form, wie er von den vier Gemeinden für den Windpark "Auf dem Siebert" bei Berglicht aufgestellt wurde, sieht das Baugesetzbuch für den Bereich der Flächennutzungsplanung nicht vor, heißt es in der Urteilsbegründung (AZ: 8C 10303/03.OVG). Wie argumentieren die Richter?Es sei möglich gewesen, die Zuständigkeit für die Bauleitplanung auf einen Planungs- oder Zweckverband zu übertragen. Aufgabe eines solchen Verbandes könnte es sein, einen gemeinsamen Bebauungsplan zu erlassen. Doch das war beim einzigen Windpark in der Verbandsgemeinde Thalfang Windpark "Auf dem Siebert" nicht der Fall. Da es sogar eine gemeinsame Planurkunde gab und auch der geforderte Ausgleich für die Versiegelung von Böden durch eine einzige Fläche in Berglicht geschaffen werden soll, sei der Bebauungsplan nichtig. Und: Eine Revision ist nicht zugelassen. Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht. Was ist ein Normenkontrollverfahren?Ein Normenkontrollverfahren kann gegen Satzungen wie Bebauungspläne und Rechtsverordnungen angestrengt werden. Das kann jeder Bürger tun, der von den Regelungen betroffen ist. In diesem Fall war es kein einzelner Bürger, sondern die Firma Windspeed GmbH, die auf Berglichter Areal Flächen gepachtet hatte und in unmittelbarer Nähe des heutigen Windparks zwei Räder aufstellen wollte. Entsprechende Bauanträge waren im Sommer 2001 gestellt worden. Wegen einer Veränderungssperre und dem sie später ablösenden Bebauungsplan war der Bauantrag von der Kreisverwaltung abgelehnt worden. Windspeed legte nach Auskunft von Geschäftsführer Erich Gasber Widerspruch ein. Der mündete in diesen Prozess. Bestehende neun Anlagen genießen Bestandsschutz

Was sind die Folgen des Koblenzer Urteils?Die bestehenden neun Anlagen im Windpark genießen Bestandsschutz, so die Haltung von Reinhold Blum von der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich. In jedem Fall lebt der ursprüngliche Bauantrag von Windspeed wieder auf. Die Kreisverwaltung hat die Firma bereits angeschrieben und weitere Unterlagen angefordert. Wie geht das Unternehmen weiter vor? Derzeit prüft Windspeed, ob es technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist, die Windräder an den vorgesehenen Standorten zu installieren. Das technische Problem: Möglicherweise sind die Abstandsflächen zu den bestehenden Windrädern zu gering. Deshalb will die Firma zunächst bei der Kreisverwaltung die Akten einsehen. Der wirtschaftliche Aspekt hängt damit zusammen, dass die Vergütungen aus dem Energie-Einspeisungsgesetz von Jahr zu Jahr zurückgehen. Geschäftsführer Erich Gasber schätzt den entstandenen Schaden für sein Unternehmen auf etwa 200 000 Euro pro Anlage und Jahr - und das bei einer Laufzeit von 20 Jahren. Wer regresspflichtig sei, wolle man noch prüfen. In Frage kommen würden aus Gasbers Sicht Kreisverwaltung, Verbandsgemeinde, Ortsgemeinden oder die Betreiberfirma des bestehenden Windparks. Ob das Unternehmen an seinem Vorhaben festhält, die geplanten Windräder aufzustellen, ist also noch nicht klar. Die Chancen, sie genehmigt zu bekommen, stehen allerdings nicht schlecht. Laut Peter Teusch, bei der Kreisverwaltung für Bauanträge zuständig, ist das Verfahren zwar "ergebnisoffen". Aber: Ohne Bebauungsplan gilt das Projekt laut Baugesetzbuch als privilegiert. Wie reagieren die Gemeinden auf das Urteil?Ob neue Bebauungspläne aufgestellt werden müssen, ist derzeit nicht klar. Wenig Handlungsbedarf sehen in dem Zusammenhang die Ortsbürgermeister Rudolf Adams aus Büdlich und Günter Klassen aus Breit, die ohnehin nur geringe Flächenanteile am Windpark haben. Anders in Heidenburg, wo theoretisch auf einem Privatgrundstück noch Platz für ein weiteres Windrad wäre - und in Berglicht, um deren Flächen gerichtlich gestritten wurde. Jetzt werden die kommunalen Gremien mit dem Thema befasst. Rudolf Adams berichtete gestern dem Büdlicher Rat von der neuen Sachlage (der TV berichtet noch). Heute will sich Heidenburgs Ortsbürgermeister Dietmar Jäger mit den Mitgliedern seines Gremiums beraten (20 Uhr, Gasthaus Schramm). Am Dienstag in einer Woche steht das Thema in Berglicht auf der Tagesordnung (19.30 Uhr, Gasthaus Zum Berger Wacken). Eine Nicht-Zulassungsbeschwerde gegen den Passus, dass keine Revision gegen das Urteil eingelsegt werden darf, haben die Gemeinden bislang noch nicht eingelegt. "Diese Frist läuft aber noch eine Woche", hieß es am Montag beim Oberverwaltungsgericht in Koblenz.

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