"Hohe kriminelle Energie"

MORBACH/DARMSTADT. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt erhob Anfang des Jahres Anklage gegen eine 64-Jährige, die vor kurzem in einen Morbacher Ortsbezirk gezogen ist. Ihr wird Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und Diebstahl beziehungsweise Hehlerei vorgeworfen. Jetzt beschäftigen sich die hiesigen Behörden mit der Frau, die angeblich Rehpinscher züchten will.

Die Masche der Frau ist stets die gleiche: Sie inseriert in örtlichen Anzeigenblättern und bietet dort Mischlingshunde oder Prager Rattler - das sind Hunde, die Rehpinschern ähnlich sehen und früher in Tschechien gezüchtet wurden - zum Verkauf an. Sie trifft sich mit Interessenten zu Hause oder an anderen Orten, bietet die Hunde teils ohne Impfpass und ohne Kaufvertrag an. Der Haken: Sie darf es nicht. Das Staatliche Veterinäramt des Landkreises Darmstadt-Dieburg hat ihr untersagt, gewerblich mit Hunden und Katzen zu handeln. Eine Kopie der Untersagungsverfügung liegt dem TV vor. Beim Amt für öffentliche Ordnung in Morbach hat die 64-Jährige lediglich eine Zucht mit Rehpinschern angegeben. Das bestätigt Axel Schmitt vom Amt für öffentliche Ordnung auf Anfrage. Eine tierschutzrechtliche Erlaubnis, die für gewerbsmäßigen Handel oder Zucht erforderlich sind, hat die Kreisverwaltung in Wittlich nach Auskunft von Pressesprecher Alfons Kuhnen nicht erteilt. Den Nachbarn im Ortsbezirk gefällt die Situation nicht. Bis vergangenen Dienstag seien mehrere Hunde, die im Garten gehalten würden, immer wieder frei herumgelaufen. "Manch einer traut sich nicht aus dem Haus", weiß ein Anlieger, der namentlich nicht genannt werden will. Er klagt auch über die Geruchsbelästigung. Neben den Hunden, die im Garten gehalten werden, seien weitere im Haus untergebracht, die anscheinend verkauft werden. "Am schlimmsten war es an Ostern", so der Nachbar. Ständig seien Tierfreunde gekommen, hätten das Haus mit Hunden verlassen. Ein Leser hatte sich deshalb an den TV gewandt. Die 64-Jährige ist erst kürzlich in die Einheitsgemeinde gezogen. An ihrem früheren Wohnsitz in Münster bei Darmstadt hat sie die Behörden reichlich beschäftigt. Die Staatsanwaltschaft hat gegen sie und ihre Tochter Anklage wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz und Diebstahls beziehungsweise Hehlerei erhoben. Bei einer Durchsuchung auf ihrem Grundstück wurden im Mai vergangenen Jahres 30 Hunde und elf Katzen gefunden. Drei der Hunde wiesen, so teilt die dortige Staatsanwaltschaft mit, erhebliche Haut- und Fellveränderungen auf. Sie hatten stark ausgewachsene Krallen, so dass ihnen eine artgerechte Fortbewegung nicht mehr möglich gewesen sei. In einer der mit Fäkalien beschmutzten Box - Größe 35 mal 60 mal 50 Zentimeter - waren sieben Tiere untergebracht. Die Haltungsbedingungen bereiteten den Tieren, so die Staatsanwaltschaft, "erhebliche Schmerzen und Leiden". Grund genug für das Veterinäramt, die Tiere sicherzustellen und an den Tierschutzverein Münster zu verkaufen. Doch damit war der Leidensweg der Kreaturen nicht zu Ende: In das Tierheim Münster wurde im Juli 2003 eingebrochen. Sechs Vierbeiner wurden entwendet. Einen Monat später befanden sich drei von ihnen erneut in der Obhut von Mutter und Tochter. Die Polizei konnte ihnen die Tiere nur "gegen erheblichen Widerstand abnehmen", schrieb das Darmstädter Echo. Ein vierter Hund wurde in ihrer Wohnung sichergestellt. Allen vieren, die mit Chips markiert worden waren, seien die Erkennungsmerkmale "unfachmännisch und ohne jegliche Betäubung" herausgeschnitten worden. "Der Fall füllt bei uns schon zwei Aktenordner", erklärt Dr. Christa Wilczek, Amtstierärztin im Kreis Darmstadt-Dieburg. Die Frau habe eine "immens hohe kriminelle Energie", ist sie überzeugt. Sie rät, keine Tiere ohne Impfpass zu kaufen und sich in Zweifelsfällen beim Veterinäramt zu erkundigen. Auch ihre Wittlicher Kollegen beschäftigt der Fall. In Zusammenarbeit mit der Staatsanwalt laufen Ermittlungen, bestätigt Pressesprecher Kuhnen. Die Frau war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Was brennt Ihnen auf den Nägeln? Schildern Sie uns Ihr Problem auf maximal einer Din-A-4-Seite und schicken Sie es als Brief an: Trierischer Volksfreund , Stichwort: " TV bringt's voran”, Hanns-Martin-Schleyerstraße 8, 54294 Trier, oder als E-Mail an: thema@volksfreund.de. Der TV bringt ihr Thema voran.

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