Klage wird zurückgezogen

Eine Ortsgemeinde hat kein Recht, feststellen zu lassen, ob eine Verwaltungsbehörde einen Fehler gemacht hat. Diesen Hinweis gab Richter Reinhard Dirkes dem Neunkirchener Ortsbürgermeister Richard Pestemer, nachdem die Gemeinde im "Bahnschwellen-Prozess" die Klage gegen die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich "wegen Befangenheit des Gerichts" zurückgezogen hatte.

Trier/Neunkirchen. Die hinteren Plätze im Sitzungssaal des Verwaltungsgerichts in Trier sind vorwiegend von Bürgern aus Neunkirchen besetzt. Seit Wochen ist es in dem Dorf vorbei mit der Harmonie. Alte teerölimprägnierte Bahnschwellen des Ehepaars Just erhitzen die Gemüter. Die als giftig geltenden Hölzer wurden für eine Pferdekoppel verbaut. Die Ortsgemeinde reagierte: Unter Verweis auf die Chemikalien-Verbotsverordnung wandte sich der Neunkirchener Rat an die für Abfallangelegenheiten zuständige Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich. Ortsgemeinde klagt gegen Kreisverwaltung

Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord entscheidet: Die Bahnschwellen müssen raus. Zwei Monate später kommt die Wende: Die Bahnschwellen dürfen bleiben. Die SGD Nord erklärt, dass ein Ermessensspielraum der Kreisverwaltung die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands anzuordnen bestehe. Die Ortsgemeinde klagte gegen die Kreisverwaltung. "Wir wollen klären lassen, ob es diesen Ermessensspielraum gibt", sagte Ortsbürgermeister Richard Pestemer. Doch zur Beantwortung dieser Frage kam es am Verhandlungstag nicht. Erst einmal musste geklärt werden, wer die Ortsgemeinde vor Gericht vertreten muss. Ortsbürgermeister Richard Pestemer ging davon aus, dass er mit einem Ratsbeschluss in der Tasche diesen Part übernehmen könne. An die Seite hatte er sich Parteifreund Klaus Münch gestellt. Der Vorsitzende Richter Reinhard Dirkes wies darauf hin, dass die Klägerin, die Ortsgemeinde Neunkirchen, rechtlich durch die Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf vertreten werden müsse. Dies sei in der Gemeindeordnung in Paragraf 68 geregelt. Pestemer sah das anders. Er argumentierte, dass der Neunkirchener Rat gegen die Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf eine Klage wegen Untätigkeit in der gleichen Sache erhoben habe und diese deshalb nicht das Sprachrohr der Gemeinde vor Gericht sein könne. Richter: "Klage wäre eh erfolglos gewesen"

Nach einigem Hin und Her lehnte Dirkes den Antrag der Klägerin auf Selbstvertretung ohne Beteiligung der Verbandsgemeinde ab. "Wir werden das prüfen lassen", kündigte Pestemer an. Nach einer Beratungspause verkündete der Ortsvertreter überraschend: "Unsere Klage wird unter dem Gesichtspunkt des Verdachtes der Befangenheit des Gerichts zurückgezogen." Laut Richter Dirkes wäre die Klage eh erfolglos gewesen. Denn nach Auffassung der Kammer sei die Klage der Ortsgemeinde nicht zulässig. Denn: Eine Ortsgemeinde habe nicht das Recht, prüfen zu lassen, ob das Verwaltungshandeln rechtmäßig sei. Im Fall "Bahnschwellen" bestehe kein Engriff in die gemeindlichen Selbstverwaltungsrechte. Das heißt: Die Gemeinde kann keine Klage erheben, da ihre Rechte nicht betroffen sind. Nur wer in seinen Rechten verletzt werde, könne klagen. Ob die Kreisverwaltung einen Ermessensspielraum hat oder nicht, spielt dabei keine Rolle. "Ich baue jetzt eine Hütte aus Bahnschwellen, das kann mir ja kein Mensch mehr verbieten", erboste sich Zuhörer Patrick Schenk aus Ürzig.

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