Kommunalreform: Land folgt der Verbandsgemeinde Thalfang

Thalfang/Morbach/Mainz · Die Verwerfungen nehmen zu und die Diskussionen um eine mögliche Aufgabe der Selbstständigkeit werden zunehmend emotionaler. In der Verbandsgemeinde Thalfang (Kreis Bernkastel-Wittlich) herrscht Streit darüber, ob sie sich Morbach anschließen soll. Das Land, das die Kommunalreform angestoßen hat, verweist auf den Thalfanger Verbandsgemeinderat und seine Beschlüsse.

Wo stehen die Dörfer in der Verbandsgemeinde Thalfang in Hinblick auf die Kommunalreform? Zumindest einige der Ortschaften haben sich mittlerweile festgelegt. Gräfendhron und Deuselbach haben sich eindeutig für einen Wechsel in die Einheitsgemeinde Morbach entschieden. Dazu haben sie bereits Vereinbarungen unterzeichnet. Auch der Rat der Verbandsgemeinde hat einen Beschluss gefasst, mit Morbach Fusionsverhandlungen aufzunehmen. Damit sind aber nicht alle einverstanden.

Es gibt Bedenken: In manchen Dörfern gibt es Bedenken zur Aufgabe der Selbstverwaltung und mancherorts liegen die Nerven mittlerweile blank. Auf der jüngsten Veranstaltung in Malborn-Thiergarten, zu der die Ortsbürgermeister der Gemeinden Lückenburg, Breit, Büdlich, Malborn, Heidenburg, Neunkirchen und die Initiative Pro Schweich eingeladen hatten, wurde das deutlich.
Der Tenor der Veranstaltung: Keine Aufgabe der Selbstständigkeit der Dörfer. Das wäre nämlich der Fall, sollte die Verbandsgemeinde mit der Einheitsgemeinde Morbach fusionieren. Petra-Claudia Hogh, Ortsbürgermeisterin von Malborn-Thiergarten, warnt davor: "Uns geht es allein um die verbindliche Zusage, dass unter keinem denkbaren Umstand die Zwangsfusion einer Ortsgemeinde mit der verbandsfreien Gemeinde Morbach erfolgt."

Angst vor Zentralismus: Auch Richard Pestemer, Ortsbürgermeister von Neunkirchen, sieht das System Einheitsgemeinde kritisch: "Bei einem Übertritt der Thalfanger Ortsgemeinden in die Einheitsgemeinde Morbach werden massiv kommunaldemokratische Rechte im Zuge einer zentralistischen Ausrichtung beschnitten."Kommunalreform

Pestemer erklärt dem TV gegenüber, dass sich die Schaffung solcher Großgemeinden wie im Saarland oder in Nordrhein-Westfalen zu einem Erlahmen des Bürgerengagements geführt hätten.
Beide Dörfer haben die Absicht bekundet, gegebenenfalls in den Landkreis Trier-Saarburg zu wechseln und sich der Verbandsgemeinde Hermeskeil anzuschließen.

Schweich rechnet mit Minus: Die Bürgerinitiative Pro Schweich setzt auf einen Anschluss der Gemeinden Büdlich, Breit und Heidenburg an die Verbandsgemeinde Schweich. Dort hat man allerdings schon die Rechnung aufgemacht: Bei einem Anschluss der drei Dörfer müssten in der Verbandsgemeinde Schweich die Wassergebühren erhöht werden, um die mitgebrachten Schulden zu bezahlen (der TV berichtete am 14. Oktober). Dem würden die Schweicher Räte nach bisherigem Stand der Dinge nur zustimmen, wenn das Land Ausgleichszahlungen leistet. Bernhard Alscher, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Birkenfeld, wirbt währenddessen für eine Fusion von Thalfang mit Birkenfeld, wozu bereits Gespräche zwischen ihm und dem Bürgermeister der VG Thalfang, Marc Hüllenkremer stattgefunden haben. Dabei wäre die Selbstständigkeit der Dörfer gewahrt.

Verhandlungen mit Morbach: Der Thalfanger Verbandsgemeinderat vollzog mit seinem Beschluss, Verhandlungen mit Morbach aufzunehmen, eine 180-Grad-Wende, denn das wurde vor Jahren noch abgelehnt. Zu diesem Thema wiederum trafen sich die Bürgermeister, Ortsvorsteher, Beigeordneten von Thalfang und Morbach und auch der Landrat Gregor Eibes zu einer nicht-öffentlichen Sitzung am Montag mdieser Woche. Dabei wurde die Arbeitsweise der verbandsfreien Gemeinde Morbach vorgestellt.

Bedürfnisse der Bürger: In der sich anschließenden Diskussion wurden Fragen im Zusammenhang mit einer möglichen freiwilligen Zusammenlegung mit der Gemeinde Morbach besprochen. Für die Bürger ist nun eine entsprechende Informationsveranstaltung am 3. November in der Festhalle Thalfang vorgesehen. Andreas Hackethal wird nach dem Treffen dem TV gegenüber deutlicher: "Es geht um die Bildung einer starken Hunsrückgemeinde auf freiwilliger Basis. Eine freiwillige Fusion mit der Verbandsgemeinde Thalfang würde die kommunalen Strukturen im Landkreis stärken und dazu beitragen, ihn zu erhalten. Dazu müssen aber die Ortsgemeinden befragt werden. Im Vordergrund muss der Bürger mit seinen Bedürfnissen stehen."
Hackethal betont, dass auch in einer Einheitsgemeinde Identität und Tradition der Ortschaften erhalten bleiben. Hackethal: "Das ist seit Jahren mein Standpunkt. Wir brauchen eine klare Ansage der Ortschaften, wo sie hinwollen."

Gesetz bevorzugt kreisinterne Lösung: Was sagt nun die Landesregierung zu den aktuellen Geschehnissen in Thalfang?
Steffen Wehner, Sprecher des Innenministers, erklärt auf TV-Nachfrage, dass das Land sich nach dem VG-Rat orientieren will. Nach der ersten Ablehnung einer Fusion mit Morbach habe man zwar die Fusion der VG Thalfang mit der VG Hermeskeil favorisiert. Aber laut Wehner gilt auch: "Landkreisinternen Zusammenschlüssen von Verbandsgemeinden oder verbandsfreien Gemeinden räumt das Landesgesetz über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform Priorität vor Zusammenschlüssen von Verbandsgemeinden oder verbandsfreien Gemeinden, die in verschiedenen Landkreisen liegen, ein."

Rechtskräftige Beschlüsse: Wehner erinnert an die rechtskräftigen aktuellen Beschlüsse des Thalfanger Verbandsgemeinderates, die Morbach wieder ins Spiel bringen: "Nun hat der Verbandsgemeinderat Thalfang am Erbeskopf in der Sitzung am 29. August 2016 mit 14 Ja-Stimmen bei drei Gegenstimmen und vier Enthaltungen beschlossen, dass mit der verbandsfreien Gemeinde Morbach Verhandlungen über eine Zusammenführung aufgenommen werden sollen."
Demnach müsse geprüft werden, ob die in den Ortsgemeinden der Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf durchgeführten Bürgerentscheide respektive gefassten Gemeinderatsbeschlüsse in einer Gesamtlösung Berücksichtigung finden können.
Das bedeutet, dass noch gar nicht klar ist, inwieweit die Wünsche der kleinen Dörfer berücksichtigt werden können. Andererseits betonen die Bürgermeister im Kreis, dass nur freiwillige Fusionen stattfinden sollen.
Aus Sicht des Landes müsse nach wie vor entsprechend dem Beschluss des VG-Rates Thalfang vorgegangen werden.Meinung

Land lässt alle Optionen offen

Freunde der Basisdemokratie können die Landesregierung dafür loben, dass sie es den kleineren Gemeinden überlässt, selbst zu entscheiden, in welche Kommune sie wechseln wollen. Das Land hält sich nach wie vor zurück und lässt alle Optionen offen. Es gibt aber zu viele Alternativen. Es ist völlig verständlich, dass größere Dörfer mit Einwohnerzahlen jenseits der 1000 ein Problem damit haben, in eine Einheitsgemeinde zu wechseln. Andererseits macht das für kleinere Orte durchaus Sinn. Die Größe der Orte, die Befindlichkeit in Hinblick auf Eigenständigkeit, die regionale Zugehörigkeit - das sind nur einige der vielen Variablen der Kommunalreform. Vielleicht wäre es sinnvoll, die Thalfanger Verhältnisse einmal detailliert mit allen Fusionsoptionen von unabhängigen Experten analysieren zu lassen? Mit so einer Studie, wohlgemerkt nur mit Empfehlungscharakter, könnte das Land die Wogen in Thalfang etwas glätten helfen. hp.linz@volksfreund.de

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