Schippen für einen Euro

MORBACH/THALFANG. Während weitere Ein-Euro-Jobs geplant sind, ist die Stimmung bei Betroffenen gemischt. Doch nicht nur sie äußern sich kritisch.

 Ob mit Schippe, Hacke und Heckenschere oder bei Altenpflege und Wäscheservice – so wie Sven Paschke, Gerd Gerhard und Oliver Korb (von links) sind im Raum Morbach/Thalfang derzeit rund 90 Arbeitslose im Ein-Euro-Job-Einsatz.Foto:Ursula Schmieder

Ob mit Schippe, Hacke und Heckenschere oder bei Altenpflege und Wäscheservice – so wie Sven Paschke, Gerd Gerhard und Oliver Korb (von links) sind im Raum Morbach/Thalfang derzeit rund 90 Arbeitslose im Ein-Euro-Job-Einsatz.Foto:Ursula Schmieder

Sein Amt sei ja nun außen vor, bedauert Morbachs Ordnungsamtsleiter Axel Schmitt. Dabei sei die Bilanz positiv gewesen: "Wir hatten unsere Sozialhilfefälle um zweit Drittel runter gefahren." Die Zusammenführen von Sozial- und Arbeitslosenhilfe sieht er skeptisch. Vor Ort sei jeder bis in die Familienverhältnisse bekannt gewesen. Sozialhilfe-Missbrauch war so kaum möglich. Außerdem seien viele, so etwa Alleinerziehende, dank gezielter Beratung gar nicht erst rein gekommen. Heute werde dagegen "alles anonymisiert und kostet uns im Endeffekt mehr Geld." Wenn Schmitt hört, dass mancher Leistungen erhält, der zuvor keine bekam, sieht er sich bestätigt. Dabei gerieten die Leute nur ins Chaos und entwickelten ein "falsches Anspruchsdenken".Demotivierende Erfahrungen

Außerdem ist er überzeugt, dass Ein-Euro-Jobs Arbeitsplätze kosten: "Es werden Leistungen angeboten, die in Konkurrenz treten zu Selbstständigen oder Firmen." Auch wirke die Erfahrung, dass die eigene Arbeit nur einen Euro wert ist, demotivierend. Schmitts Fazit: "Das kann so nicht weiter gehen." Skepsis ist auch den Worten seines Thalfanger Kollegen Hermann Paulus zu entnehmen. "Nach altem Sozialhilferecht konnten wir das ein bisschen steuern", so der Fachbereichsleiter. Arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger seien ja verpflichtet gewesen, bis zu 20 Stunden die Woche gemeinnützig zu arbeiten. "Wir haben unsere Leute gekannt und das ganze gut gelöst", ist auch er sicher. Im Raum Morbach/Thalfang sind derzeit etwa 90 Ein-Euro-Jobber im Einsatz. Laut Hans-Georg Simon, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Agentur für Arbeit und Kreis Bernkastel-Wittlich sollen sie in Thalfang 25 bis 30 weitere Projekte wie Naturspielplatz oder Baumlehrpfad realisieren. Die Rückmeldung der Ein-Euro-Jobber sei "im Regelfall ganz positiv", so Simon: "Das stärkt vielleicht auch ein bisschen das Selbstwertgefühl." Die Sicht Betroffener fällt gemischt aus. Gerd Gerhard, Oliver Korb und Sven Paschke kommen relativ gut damit zurecht, für einen Euro die Stunde zu arbeiten. Mit erlernten Berufen und Erfahrung im Rücken sehen sie dies als Zwischenstation. "Im Moment ist ja überall Flaute", kommentiert Gerhard. Er wartet auf Nachricht seines Chefs, dass der wieder Arbeit für ihn hat. Korb hatte sich nach 2,5 Jahren Selbstständigkeit plötzlich als Fall für Arbeitslosengeld II (ALG II) und Ein-Euro-Job gesehen. "Es gibt Leute, die sich dafür schämen", weiß er. Langfristig hofft er nur, dass sich die wirtschaftliche Situation ändert: "Sonst gehen wir so in Rente." Kollegen an einer anderen Baustelle sehen das ähnlich. "So kurbelt man die Wirtschaft nicht an", stellt Mario Nau die Zukunft von Ein-Euro-Jobs in Frage. Die Arbeit mache ihm ja Spaß, räumt Bodo Filz ein, aber das Geld könnte mehr sein. "Das ist nur Ausnutzerei", kritisiert ein älterer Kollege, der ungenannt bleiben will. Da fehle der Ansporn. Wäre da nicht der drohende "ALG II"-Abzug, würde er das nicht machen. Laut Franz-Josef van Ooyen vom Bürgerservice (siehe Kasten) ist die Entlohnung jedoch unterm Strich mit der eines niedrig bezahlten Arbeiters vergleichbar. So erhalte ein Alleinstehender zu den 345 Euro ALG II Miete und Heizungskosten zusätzlich 80 Euro (für viermal 20 Wochenstunden) vom Bürgerservice, plus Fahrtkosten. Daher habe der Einzelne pro Monat 700 bis 800 Euro, die sich mit Familie leicht auf 900 bis 1100 summierten.

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