Transparenz unerwünscht

Wenn sich Bürger in die Sitzung am Montag verirrt hätten, die Lust auf mehr wäre ihnen gründlich vergangen. In einer knappen dreiviertel Stunde ging es kaum um Inhalte, sondern vielmehr um das Verhalten eines Bürgers und der Presse.

Wenn sich Bürger in die Sitzung am Montag verirrt hätten, die Lust auf mehr wäre ihnen gründlich vergangen. In einer knappen dreiviertel Stunde ging es kaum um Inhalte, sondern vielmehr um das Verhalten eines Bürgers und der Presse. Beide hatten sich das Missfallen der Kommunalpolitiker zugezogen. Der Einwohner hatte – zugegebenermaßen durchaus provozierend – gefragt, welche Mitspracherechte das Gremium Bürgern bei wichtigen Themen einzuräumen gedenkt. Hubert Schu wurde abgekanzelt. Seine Fragen durfte er – formal wohl korrekt – nicht komplett stellen. Dabei wäre die Antwort womöglich interessant gewesen. Denn er wollte beispielsweise wissen, ob sich die Verbandsgemeinde eine "Beförderungswelle" der Rathaus-Mitglieder überhaupt leisten kann. Immerhin entschied der Rat in derselben Sitzung über einen neuen Stellenplan. Eine Antwort gab’s nicht, die Frage war schließlich nicht zugelassen. Eine Antwort blieb man auch der Allgemeinheit schuldig, in deren Sinne das Gremium doch entscheiden soll. Der Beschlussvorschlag der Verwaltung wurde nicht erläutert, es gab für die Presse keine aussagekräftigen Unterlagen, und diskutiert wurde auch nicht. Im Gremium waren offenbar alle einer Meinung. Transparenz? Fehlanzeige! Öffentlichkeit unerwünscht! Welche finanziellen Konsequenzen hat die Entscheidung? Auch das kommt in der öffentlichen Sitzung nicht zur Sprache. Wissen die Ratsmitglieder mehr als die Öffentlichkeit? Der Bürgermeister räumte im übrigen später ein, die Auswirkungen auf den Haushalt seien noch nicht durchgerechnet. Und das angesichts der hohen Verschuldung der Verbandsgemeinde. Dabei ist es eine wichtige Aufgabe der Verwaltung und des Rats, Entscheidungen nachvollziehbar zu machen. Alles andere öffnet der Politikverdrossenheit Tür und Tor. Die fehlende Diskussion wurde an einem anderen Punkt nachgeholt: bei der Windkraft. Dort ging’s um ein angebliches Fehlverhalten der Presse. Auch wenn manche Ratsmitglieder es nicht glauben mögen – ein Thema ist nicht erst dann zur Berichterstattung freigegeben, wenn es der Politik lieb ist. Es ist vielmehr eine unverzichtbare Aufgabe der Medien, den Bürgern Entscheidungsprozesse verständlich zu machen, um so mehr, wenn die handelnden Personen dies unterlassen. Im übrigen: Die Mitglieder des Rats begründeten am Montag ihr Handeln nur bei einem Tagesordnungspunkt, und das war der, über den zuvor in der Zeitung berichtet wurde. Zufall? i.rosenschild@volksfreund.de

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