Treu geblieben und doch verändert

MORBACH. Linker Protestsänger, wortgewandter Liedermacher, heimatliebender Norddeutscher - als ein Musiker mit vielen Facetten präsentierte sich Urgestein Hannes Wader (61) vor knapp 600 Zuschauern in der Morbacher Baldenauhalle.

Mensch, Hannes. Immer noch dasselbe Spiel wie vor mehr als 35 Jahren. Angetreten auf der Bühne ganz alleine, ohne Band, ohne Begleitung, ein Einzelkämpfer eben. Ausgerüstet lediglich mit einer Gitarre und einer Stimme, die den Saal bis in die hintersten Winkel füllt. Angestachelt von den alten, tief im Innersten verwurzelten, Idealen. Für Frieden, gegen Krieg. Für Menschlichkeit, gegen Gewalt. Für Toleranz, gegen Fremdenhass. Diese Ideale zeichnen ihn aus. "Dafür stehe ich unverändert", unterstreicht Wader, als er den Einmarsch der Amerikaner in den Irak kritisiert. Johlender Beifall. "Man hat sich zu entscheiden, auf welcher der beiden Seiten man steht", schiebt er in "Stellungnahme" hinterher. Gut oder Böse. Mehr gibt es nicht in der Wader'schen Welt. Arbeiterlieder bleiben in der Truhe

Wader ist keiner, der vor dem Publikum lässig sein Programm runterspult. Er braucht es, bindet es ein, fordert es zum Mitsingen auf. Wie damals Ende der 60er, als er sich in der Musik-Szene zu etablieren begann. Der Publikums-Refrain sagt alles: "Alle, die hier zusammen kamen, wollen, weil wir uns einig sind, dass niemand mehr in unseren Namen je wieder einen Krieg beginnt." Wader ist sich treu geblieben - und hat sich doch verändert. Ruhiger tritt er auf. Weiser. Lebenserfahrener. "Bella ciao" bleibt in der Truhe. Das "Arbeitereinheitsfrontlied" ebenso. Die "Internationale" erst recht. Mit Arbeiterliedern auf die obere Klasse einprügeln - das reicht ihm nicht (mehr). Wader bietet mehr als nur linke Protest-Musik. Er zeigt sich als verträumter Märchenerzähler, der die Epistel des schwedischen Rokoko-Dichters Bellmann zu Liebe, Schnaps und Tod vorträgt. Als selbst-ironischer Auto-Biograph, der humorvoll von der "ersten Liebe" berichtet. Als melancholischer Nordfriesländer, der Lobgesänge auf seine langjährige Heimat verfasst. Seinem Musiker-Kollegen Reinhard Mey ähnlicher als seinem Musiker-Kollegen Konstantin Wecker. "Wie sensibel und fein der die Verse setzt", lässt Wader seine Mutter in dem Lied "Schön ist die Jugend" den Stil seines Freundes Mey loben. Gleiche Worte gelten (mittlerweile) auch für Wader. Auf "Schön ist die Jugend" bietet er gleich noch einen "Balance"-Akt - "Schön ist das Alter". Wader hat von Mey noch mehr übernommen. Singt nicht mehr nur deutsch. Sondern auch französisch. Macht aus "Kleine Stadt" "Petite ville". Außerdem griechisch, zumindest eine Strophe lang, in dem Lied "Oh, du schönes Fischerboot". Englisch beim Dauer-Brenner "Where have all the the Flowers gone?" Und, natürlich, plattdeutsch - zwar erst bei der Zugabe, aber das Publikum, das Wader mit Standing Ovations gleich zwei Mal auf die Bühne zurückbringt, hat darauf gewartet.

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