Was sind schon 200 Jahre?

Die Urgroßmutter des Thalfangers Willi Koch, Katharina Jungbluth, geboren 1841 und 1933 gestorben, erzählte die folgenden, sich in Thalfang ereigneten Geschehnisse dem damaligen Pfarrer Petry an ihrem 92. Geburtstag.

Thalfang. (red) Aus dem Geschichtsunterricht erinnern wir uns an die Revolution anno 1848 (Hambacher Fest, Paulskirche, erstes gesamtdeutsches Parlament). Auch die Mark Thalfang blieb von den Auswirkungen nicht verschont. Der Dhronecker Förster Emmermann galt als gemäßigter Revolutionär und floh mit dem badischen Revolutionsführer Carl Schurz nach Nordamerika. Schurz wurde in den Unabhängigkeitskriegen General und später sogar Minister.

Im Gegensatz zu den biederen Bauern der Mark Thalfang hatte der Ort Dhronecken schon immer eine besondere Bevölkerungsstruktur. So taten sie sich auch 1848 als besonders aufrührerisch hervor. Sie zogen nach Thalfang, jagten den dortigen Bürgermeister Ganther aus seinem Hause und tauchten den Pfarrer Schreiber in "Gerwisch Mistepuhl" (Jauchegrube). Das Haus des Bürgermeisters musste von Landwehrleuten, unter denen sich auch der Vater von Katharina Jungbluth, Peter Helm, befand, bewacht werden. Seitdem hatten alle Dhronecker den Spitznamen "Dhronecker Füssiliere".

An den folgenden Kriegen waren etliche Märker im Gardekorps und andern Einheiten beteiligt, so 1864 im deutsch-dänischen Krieg (Schlacht an den Düppeler Schanzen), sowie 1866 im Bruderkrieg gegen Österreich, der in der Schlacht bei Königsgrätz nur dadurch zugunsten der Preußen entschieden wurde, dass diese das Zündnadelgewehr (Hinterlader) gegen die vorsintflutlichen Vorderlader der Österreicher zum Einsatz brachten.

Im Jahre 1870 begann der deutsch- französische Krieg, den Otto von Bismarck durch die "Emser Depesche" an Frankreich erklärte, mit dem Sieg der Deutschen an den Spicherner Höhen kurz hinter Saarbrücken. Viele Truppen zogen von der Festung Koblenz aus durch Thalfang und die Mark. Die Siegesmeldungen trafen per Telegramm ein und wurden ausgeschellt.

Als Kaiser Napoleon der Dritte in der Schlacht von Sedan gefangen genommen wurde, war der Krieg zu Ende. Vom Schocker Berg wurden hierauf Böllerschüsse abgefeuert. Lange Zeit danach wurde aus diesem Anlass der sogenannte "Sedanstag" gefeiert. Die Franzosen mussten Elsass-Lothringen an Deutschland abtreten und im Spiegelsaal von Versailles wurde König Wilhelm zum deutschen Kaiser proklamiert. Dass hierdurch wahrscheinlich der Grundstein für weitere Kriege gelegt wurde, steht auf einem anderen Blatt.

Im Gegensatz zu späteren Kriegen war nur ein Gefallener, Hermann Märker, zu beklagen, dessen Gedenktafel man noch heute in der evangelischen Kirche sehen kann. Im Jahre 1890 fanden Herbstmanöver statt. Der Generalmajor Paul von Hindenburg sowie die Königin von Griechenland waren im Hotel Johannes ( heute Apotheke) einquartiert. Der türkische General Liman Pascha (damals mit Deutschland verbündet) wohnte im Pfarrhaus Fröhlich. Seit der Revolution sind bis heute 160 Jahre vergangen. Wenn man bedenkt, dass Katharina Jungbluth noch wusste, dass ihr Großonkel unter Kaiser Napoleon dem Ersten nach Spanien zog und dort 1808 im Lazarett starb und dass etliche Märker am Russlandfeldzug teilnahmen, kann man mit Fug und Recht sagen: "Was sind schon 200 Jahre in der Geschichte?"

Horst Fetzer, Thalfang

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