Botschaft aus der Seele

KONZ. (ER) Er sprach in seinen Bildern. Eine interessante Ausstellung in der Galerie Kloster Karthaus erinnert an den Konzer Maler und Glaskünstler Walter Bettendorf. In dem alten Gebäude unterhielt der Künstler zeitweise sein Atelier. Zusammengestellt hat die Retrospektive Bettendorfs Freund Norbert Mayers.

"Auch diese Nacht wird an ein Ende kommen" - wer Walter Bettendorf (1924-2004) kannte, mag vermuten, dass er sich selbst das Wort von Giuseppe Ungaretti für seine Todesanzeige erbeten hat. Wie der italienische Dichter hat auch der Maler aus Konz beizeiten erfahren, was es mit der Dunkelheit und der Verlassenheit im Leben auf sich hat. Schon von Kind an plagte ihn ein chronisches Ohrenleiden, das fast zur Taubheit führte und den Umgang mit anderen mühsam machte. Da lag es nahe, nach innen zu hören, umso mehr, als der Hang zu Grübelei und Melancholie schon im Wesen des Jungen angelegt schien.Voller Mitgefühl und helfender Zuwendung

"Eigentlich hatten alle erwartet, dass der Walter einmal Pastor wird", erinnert sich sein Freund Norbert Mayers. Als Messdiener im heimischen Konz hatte der Kunsthistoriker den späteren Künstler kennen gelernt, der damals für seinen zur Flak einberufenen Schwager den Küsterdienst tat. "Er war religiös und hat sich immer viel mit religiösen Inhalten auseinandergesetzt", berichtet Mayers. "Sein Charakter war geprägt von Mitgefühl und helfender Zuwendung." Daran änderte sich auch nichts, als Bettendorf 1946 ein Studium an der Trierer Werkkunstschule aufnahm, das er fünf Jahre später in Stuttgart beendete. In der Stille seines Ateliers las der Maler und Glaskünstler ebenso stille Bücher. Trotz seiner Zurückgezogenheit war Walter Bettendorf - wie gerade die zahlreichen Aufträge landauf, landab für Kirchenfenster und Außenplastiken belegen - über viele Jahre ein erfolgreicher Künstler im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Auch als Kunsterzieher im Biesdorfer Gymnasium war er mitten in der Welt. Freilich, es war eine Welt, deren Tag ihm zunehmend zur Nacht wurde und mit der er rang. Diesem inneren Ringen verdankt sich der größte Teil der Bilder, die jetzt in Konz zu sehen sind. Es sind aufschlussreiche Nachrichten aus Bettendorfs Seelenprovinz. Den Anfang machen ein paar sorglose Motive aus der heimischen Region, die Bettendorfs Lehrer Peter Krisam verpflichtet sind. Bald wird die Unbekümmertheit der Farben gedämpft, die augenscheinliche Wirklichkeit fragwürdig. Noch später verschwindet das Leuchten ganz zugunsten von Grau- und düsteren Blautönen. "Meine Herzoperation hat mir die Farbe genommen", klagte der Maler. Auch sonst scheint ihm die Welt immer mehr aus den Fugen zu geraten. Die Linie gerät in Bewegung, die Fläche im Wortsinn außer Rand und Band. Noch eindringlicher ist Bettendorfs Leiden am Leben in seinen "Ölbäumen" deutlich. "Wer möchte leben ohne den Trost der Bäume", Günter Eichs schwermütiges Dichterwort pflegte der Maler oft zu zitieren. Bettendorfs Ölbäume sind gleichermaßen geschundene Kreatur wie Ungeheuer in einer Endzeitstimmung. In seinen letzten Jahren wurde dem Künstler das Reisen immer schwerer. Im nahen Lothringen fand er neue Motive, die ihm aus der Seele sprachen, so wie jene Friedhöfe mit den stürzenden Kreuzen. Die Welt hatte die letzte Sicherheit verloren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort