Irgendwie muss doch ‘was dran sein, wenn ganz normal wirkende Menschen unabhängig voneinander in großer Zahl eine Fernseh-Serie loben. "Sex and the City" sei Kult und der Dienstagabend heilig. Vor allem lieben sie den witzigen, lockeren Umgang mit Sexualität. Da würden bestimmte Begriffe und die sie beschreibenden männlichen Körperteile von Frauen ganz ohne rot zu werden in den Mund genommen. Bei so viel erfrischender Unverkrampftheit geraten die Dauerseher ins Schwärmen. Die Deutschen sind ebenso begeistert wie es schon die Amerikaner waren. Bei so viel Begesterung muss an diesem Formatschon ‘was dran sein: Dieses Mal passt die Bezeichnung Kult. Die Serie zieht schnell in ihren Bann, besser gesagt zog. Leider gibt es keine Zeit mehr, ein "SATC-Junkie" zu werden, jetzt heißt es Abschied nehmen von den guten Freundinnen Carrie, Samantha, Miranda und Charlotte, die im Laufe von sechs Staffeln voller Problemchen, Turbulenzen und Ausbrüchen rund um das Leben und der Suche nach "Mr Right" zu guten Freundinnen geworden sind. Die Produzenten haben mit ihrer Idee - der Pilotfilm lief 1997 - genau den richtigen Zeitpunkt für eine originell gemachte Serie über Frauen in den 30ern (und darüber) getroffen, genau die richtige Stimmung für schamlose Offenheit gewürzt mit einem Schuss Romantik und Glamour-Effekten zum Nachahmen. Wem das Adieusagen schwer fällt, kann sich mit dem "einzigen offiziellen Buch" zur Serie trösten. "Sex and the City - Kiss and tell" steht - wie sollte es anders sein - auf einigen Bestseller-Listen, eignet sich blendend als Weihnachtsgeschenk und hat einen großen Vorteil: Es ist billiger als ein Paar Manolo-Blahnik-Schuhe. Auf einem Paar Luxus-High-Heels dieses Schuhdesigners ist in der letzten Folge eine weitläufige Freundin von Carrie & Co. umgeknickt. Dummerweise vor dem geöffneten Fenster einer Hochhauswohnung. Sie beendete ihr Leben mit dem Satz: "Ich sterbe vor Langeweile." Seit Sarah Jessica Parker als Carrie die Blahnik-Schuhe in der Serie getragen hat, ist die Nachfrage nach den sündhaft teuren und lebensgefährlich hohen Modellen gestiegen. Der Designer dankte es mit einer SJP-Special-Edition in vielen Farben (zu finden in seinem Laden in Manhattan). Kult darf schon mal was kosten. Carrie Bradshaws Garderobe gilt als stilprägend. Sarah Jessica Parkers alter Ego hat vielen Modelabels und Secondhand-Läden zu Umsatz verholfen. All diese wichtigen Details sind selbstverständlich für SATC-Freaks in dem Buch zur Serie zusammengefasst. Die Wohnungen der vier Haupt-Figuren sind abgebildet (Hersteller-Hinweise fehlen allerdings). Ebenso weist ein New Yorker Stadtplan den Weg zu den Original-Schauplätzen, an denen wirklich gedreht wurde. Einmal in dem Restaurant essen, wo die vier gegessen haben. Einmal dort über Vibratoren sprechen, über den Umzug von New York nach Paris oder über das erste graue Schamhaar. Mmmmh. Kommerz gehört eben dazu. Wahrhaftig in Stimmung kommen die Liebhaber aber wahrscheinlich erst bei den Szenen- und Kinderfotos von Sarah Jessica Parker, Cynthia Nixon (Miranda), Kim Cattrall (Samantha), Kristin York (Charlotte) und natürlich der wichtigsten Nebensache der "Sex and the City"-Welt: den Männern. Nein, nein, wie kann Carrie nur dem göttlichen Russen Aleksandr Petrovsky (Mikhail Barishnikov) widerstehen? Warum folgt sie ihm nicht ohne Wenn und Aber nach Paris? Vielleicht, weil da noch Mr. Big (Chris Noth) ist? Der gut gewachsene, noch besser aussehende Mann, der am besten zu ihr passt, weil er der einzige ist, der ihr gewachsen ist (sagt das Buch)? Jedenfalls teilen viele Frauen diese Auffassung und sind von Mr. Big-Right restlos begeistert. Wie wird sich Carrie entscheiden? Bald wissen alle Bescheid: Heute, 30. November, 21.15 Uhr, läuft der vorletzte Teil (!) auf ProSieben. Amy Sohn: Sex and the City - Kiss and tell. Das einzige offizielle Buch zur Kultserie. 184 Seiten, 750 Abbildungen, Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin, 19.90 Euro.