Beim Mosel-Musikfestival geht der Bär ab

"Die Nacht der Trommeln" des Mosel-Musikfestivals, präsentiert vom Trierischen Volksfreund, war ein Experiment. Es ist, zumindest für den Abend selbst, aufgegangen. Ob es auch eine Wirkung für die Zukunft hat, muss sich erst noch zeigen.

 Bei afrikanischer Trommelmusik kann man in Extase geraten: Modou Seck von der Gruppe „Drums Conversation“. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Bei afrikanischer Trommelmusik kann man in Extase geraten: Modou Seck von der Gruppe „Drums Conversation“. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Trier. (gkl) Zunächst einmal hatte das Mosel-Musikfestival riesiges Glück. Die Stimmung, die sich bei der "Nacht der Trommeln" im Innenhof des Kurfürstlichen Palais einstellte, wäre in dieser Form im Schlechtwetterquartier Europahalle nicht möglich gewesen. Intendant Hermann Lewen hatte gepokert und gewonnen. Mehr als 700 Rhythmus-Begeisterte fanden den Weg zum Palais und zumindest die allermeisten gingen beglückt wieder nach Hause. Was aber war es, das dem Festival einen solch erfolgreichen Abend bescherte?

Konzert als Experiment



Eingeladen hatte man die Gruppe "Drum Conversation", eine afrikanische Trommlergruppe, die mit traditioneller Musik aus ihrer Heimat aufwarten wollte. Wie passt das in den Rahmen eines Festivals, das sich in erster Linie Bach und Mozart auf die Fahnen schreibt und damit wirbt, "erstklassisch" zu sein? Lewen selbst sagte, dass dieser Abend ein Experiment gewesen sei, und verschweigt nicht, dass er dabei auch das Erreichen neuer Publikumsgruppen im Auge hatte. Ist ihm das gelungen? Offensichtlich, denn rund zwei Drittel des Publikums zeigte auf, als Lewen fragte, wer zum ersten Mal beim Festival sei. Und spätestens bei diesem Abend löste Lewen ein Versprechen aus dem Gesamtprogramm ein, in dem zu lesen steht: "Wir bieten ein Musik-Erlebnis mit allen Sinnen." Nicht nur für die Ohren, auch für die Augen hatten die farbenfroh gekleideten Musiker etwas zu bieten.

Etwas Irritation ergab sich, als der erste Teil des Konzertes mit Trommelklängen, Koramusik, Akrobatik und Gesang nach recht kurzer Zeit schon vorüber war. Dafür ging nach der Pause sprichwörtlich "der Bär ab". 600 Trommeln hatten die Musiker für das Publikum mitgebracht und trainierten mit ihm afrikanische Rhythmen. Es waren nur wenige, die zögerlich die Schlaginstrumente zwischen die Knie nahmen. Viele ließen sich anstecken, gaben sich der Musik hin, ließen sich einfangen von dem Erlebnis, dass der gesamte Innenhof eine gewaltige Trommel wurde. Vereinzelte Zuhörer verzichteten auf das instrumentale Mittun und gaben sich den Klängen im Tanz hin. Bald schon waren Schuhe und Jacken abgelegt, weil ihnen trotz später Stunde heiß wurde. Als der Bandleader Ismael Seck zum Finale alle aufforderte zu tanzen, folgten viele seinem Ruf.

Der Abend war eine zweischneidige Angelegenheit. Ein Konzert im üblichen Festivalsinn war es nicht. Eher könnte man von einem Happening sprechen. Ob Lewen es wirklich erreichen konnte, dass wenigstens ein kleiner Teil der Erstbesucher auch bei anderen Konzerten gesehen wird, muss die Zukunft zeigen. Dass die Veranstaltung ein Erfolg war, zeigte jedenfalls der frenetische Schlussapplaus und die Tatsache, dass lange, nachdem die Musiker die Bühne verlassen hatten, immer noch Leute im Innenhof saßen und trommelten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Vom erwischt werden
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael BoltonVom erwischt werden
Zum Thema
Aus dem Ressort