Daredevil

(U. M.) Der Anwalt Matt Murdock erblindete in jungen Jahren, als er durch radioaktiven Müll verstrahlt wurde. Zugleich aber schärfte das Uran seine anderen Sinne und gab ihm zudem eine Art Radarwahrnehmung mit, so dass sich Murdock auch ohne Augenlicht sicher durch die Straßen der Großstadt bewegen kann. Und weil er die Ermordung seines Vaters miterleben musste und das Verbrechen bis heute nicht gesühnt ist, schlüpft Murdock nächtens in die Maske des Daredevil, der an den Schlupflöchern der Justiz auf Missetäter lauert und dem Gesetz mit gnadenloser Härte zu seinem Recht verhilft.Wie schon Batman und Spider-Man knabbert der Held auch hier an einem privaten Trauma, das er zum Wohle der Gesellschaft abarbeitet, indem er das Recht in die eigenen Hände nimmt. Was nichts anderes ist als im Pioniermythos des Wilden Westens verankerte Privatjustiz. Solche individuellen Allmachtsfantasien, bereichert um futuristisch aufpolierte Accessoires und ein Kabinett von grotesk überzeichneten Schreckensgestalten bilden das Gerüst für immer neue Konflikte zwischen Gut und Böse. Der Held wird ja nicht ernsthaft hinterfragt. Es ist eben immer das Umfeld, das den Radius und das Ausmaß seiner Taten bestimmt.Dünn wie die erzählerische Decke ist auch die formale Gestaltung. Die Action ist dem Hongkong-Kino entlehnt, wobei die mangelnde Kampfakrobatik der Akteure hinter schnellen Schnitten und digital-technischen "Matrix"-Manierismen versteckt wird. Ben Affleck ist in der Titelrolle eine Fehlbesetzung, weil er nur im Straßenanzug eine gute Figur macht. Als kalter Rächer im engen ledernen Teufelsdress (mit kleinen Hörnchen auf der Stirn) aber verfügt er weder über die nötigen Proportionen noch die bittere Härte im Ausdruck. Günstiger ist als Elektra, sehr sexy in noch engerem Leder, Jennifer Garner; eine starke Heldin, die aber zu wenig zu tun bekommt.Die Schurken haben mehr Raum und entlarven sich erst recht als Pappkameraden. Michael Clarke Duncan ist ebenso hünenhaft wie unbeweglich, während Colin Farrell als cholerischer Bullseye blindlings mit Messern und anderem Wurfgerät alles tot macht und dabei das Gesicht eines Schülers aufzieht, dem vom Lehrer eine Woche Tafelputzen aufgebrummt wurde. Alles an diesem Film ist unfreiwillig lächerlich und entnervend zweitklassig. Was sogar dann ins Auge springt, wenn man sich schon auf hirnloses Popcorn-Entertainment eingestellt hatte. (In den Kinos der Region)

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