Das dicke Ende kommt wohl noch

MAINZ. Mit einem blauen Auge davon kommen sollte bei der jüngsten Haushaltssparrunde nach dem Willen der Mainzer Landesregierung die Kultur. Um vier Millionen Euro muss der ursprüngliche Gesamtansatz von 147 Millionen für die Landeskultur 2003 sinken. Das ist, verglichen mit anderen Ressorts, ein bescheidener Anteil.

"Wir sitzen alle gespannt und warten, was für ein weißes Kaninchen Jürgen Zöllner aus dem Hut zaubern wird." Derart brachte Mitte Januar Georges Delnon, Intendant des Mainzer Staatstheaters, die skeptische Erwartungshaltung der Landeskulturszene auf den Punkt. Vorläufiges Aufatmen: Vier von 16 Millionen Euro Sparvolumen, die auf das Ministerium Jürgen Zöllners entfallen, hat 2003 die Kultur zu erbringen, sofern das Landesparlament im April der Vorlage zustimmt. Das Staatstheater Mainz sowie die drei Stadttheater Kaiserslautern, Koblenz und Trier sind nach Ministeriumsangaben erst einmal nicht betroffen. Für Heinz Lukas-Kindermann ist das natürlich eine gute Nachricht; gegenüber dem TV meint er allerdings: "Bei uns kann nichts mehr gestrichen werden. Sonst können wir das Theater genauso gut schließen." Um 130 000 Euro auf 1,6 Millionen schrumpfen indes die Zuschüsse für "Privattheater" wie die Landesbühne Neuwied oder das "Mainzer Kammertheater" im Malakov-Park.In den Wind schreiben können die rheinland-pfälzischen Filmschaffenden Hoffnungen auf eine ganz neue Filmförderungsstruktur: Das Reformprojekt mit einem ursprünglichen Anlaufbudget von einer Million Euro ist gestorben. Erhalten bleiben die bisherigen Gelder für Stipendien oder Preise: 247 000 Euro. Die größte Sparlast im Kultursektor muss mit einer Reduzierung von 1,015 Millionen Euro die Landesdenkmalpflege schultern. Erschwerend kommt hinzu: Im Bauministerium sinken die Mittel für den "Allgemeinen Hochbau" um 1,5 Millionen, was auch Sanierungen diverser Kulturdenkmäler, darunter die Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz, betrifft.Eine Vielzahl "kleinerer" Förderbeträge entgehen den Kulturveranstaltern künftig. Die "Projektzuschüsse" schrumpfen insgesamt um 175 000 Euro auf eine Million. Laut Ministeriumssprecher Rüdiger Schlaga sind die Betroffenen inzwischen informiert, so dass sie sich für das eben begonnene Jahr entsprechend einstellen könnten.Die Landesmuseen in Rheinland-Pfalz bekommen 100 000 Euro weniger, müssen künftig für Investitionen und Ankäufe mit knapp einer halben Million auskommen. In diesem Bereich werden zurzeit Möglichkeiten einer strukturellen Neuorientierung ausgelotet, die eine Verbesserung der Museumsleistungen bei gleichzeitig nachhaltiger Kosteneinsparung erbringen soll. Wie überhaupt die nächsten Monate im Zeichen der Diskussion über eine nachfolgend große Strukturreform der gesamten Landeskultur stehen werden.Die jetzige Sparrunde fiel für die Kultur wohl auch deshalb relativ "klein" aus, um Luft zu schaffen für dieses eigentliche Reformprojekt. Dessen Dimensionen machen schon die Sparziele für die Folgejahre deutlich: Sinkt der Gesamtetat des Zöllner-Ministeriums für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur in diesem Jahr um 16 Millionen Euro, so werden fürs nächste Jahr 25, für 2005 gar 29 Millionen Euro angepeilt. Zu den weit greifenden Sparplänen meint Lukas-Kindermann: "Ich hoffe, dass da das letzte Wort noch nicht gesprochen ist und Minister Zöllner alles tun wird, was in seiner Kraft steht, dass auch in Zukunft die rheinland-pfälzischen Theater vor Kürzungen bewahrt bleiben."Dennoch: Das Kaninchen, auf das von nun an alle warten, heißt also "große Strukturreform". Mit anderen Worten: Das dicke Ende kommt noch.

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