Dia-Schau statt Reise-Erzählung

Den Abschluss des ersten Teils des internationalen Festivals in Echternach bildete mit "Des Canyons aux Étoiles" noch einmal ein großes Werk des französischen Meisters Olivier Messiaen.

Echternach. Olivier Messiaen, dessen 100. Geburtstag die Musikwelt im Dezember feiern wird, stand in diesem Jahr im Mittelpunkt des Festivalgeschehens. Die Suite "Von den Schluchten zu den Sternen" verfasste Messiaen als Auftragskomposition zum 200-jährigen Bestehen der Vereinigten Staaten. Besetzt hat er das Werk mit einem Symphonieorchester, bei dem er den Streicherapparat sehr mager hält, dafür aber nahezu die gesamte Palette der Bläser forderte, und eine Schlagzeugergruppe, bei der vom Marimbaphon über Gongs bis hin zur Windmaschine so ziemlich alles besetzt ist , was man sich als Percussion in einem Orchester vorstellen kann. Lediglich auf Kesselpauken verzichtet er.Ein Ton gewordenes Landschaftsbild

Die Ausführung der Suite im Echternacher Trifolion hatte das Orchestre Philharmonique du Luxembourg (OPL) unter der Leitung von Karl-Anton Rickenbach übernommen. Als Solisten hatte man den Pianisten Roger Muraro und den Solohornisten des OPL, Miklós Nagy verpflichtet. Es war schon richtig, wenn im Programmheft zu lesen stand, dass für das Verstehen der Messiaenschen Werke ein solides Wissen über seine Theorien, speziell auch über die musikalische Farbenlehre Voraussetzung ist. Aber speziell diese Suite erschließt sich dem Zuhörer auch ohne diesen Hintergrund als das, was sie ist, nämlich ein tongewordenes Landschaftsbild des Utah-Canyons in den USA. Man braucht nur die Augen zu schließen und kann das, was Messiaen auf seiner Reise in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts mit dem physischen und geistigen Auge gesehen hatte, miterleben.Aber genau hier lag auch die Krux des Abends. Was das OPL zu bieten hatte, war mehr eine Dia-Schau denn eine flüssige Reiseerzählung. Kleinteilig, immer wieder neu ansetzend, war es keine schlüssige Reisebeschreibung. Selbst wenn man die Probleme des Orchesters beim Zusammenspiel außen vor lässt, was sicherlich nicht zuletzt auch an der Akustik des Raumes gelegen hat, und selbst wenn man berücksichtigt, dass Messiaen bei diesem Werk mit den Anforderungen manchmal an die Grenzen geht, das orchestrale Gesamtergebnis war nicht rund. Ganz anders Muraro, der sich als ein grandioser Pianist erwies, akustisch wie optisch voll und ganz in die Tonwelt eintauchte. Bei seinem Spiel hörte man tatsächlich die Vögel zwitschern. Unglaublich, wie dieser Künstler mit dem Flügel umzugehen wusste. Ein ebenso großes Erlebnis war der Auftritt Nagys, der sein Horn in allen nur denkbaren Variationen zu nutzen weiß. Insgesamt war man hin und her gerissen zwischen den orchestralen Teilen, die allzu häufig nicht zu packen vermochten, und den höchst spannenden solistischen Einlagen, die schlicht nur begeistern konnten.

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