Die Galgenfrist hat begonnen

BERNKASTEL-KUES/TRIER. Nach dem endgültigen Ausstieg der Kultur&Kur-GmbH als Träger der Moselfestwochen suchen Landes- und Kommunalpolitiker nach Möglichkeiten zum Erhalt der renommierten Veranstaltung.

Der Beirat der GmbH, die von Stadt und Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues geführt wird, machte vor wenigen Tagen wahr, was seit Monaten (der TV berichtete) diskutiert wurde: den Rückzug von den Moselfestwochen. Man sei nicht länger bereit, die Verantwortung für eine Veranstaltungsreihe zu tragen, von der die ganze Region profitiere, hatten die Bürgermeister Port und Hangert immer wieder verkündet. Immerhin haben sie dem Festival eine Galgenfrist eingeräumt: Die Saison 2005, bereits weitgehend fertig geplant, kann mit dem alten Team um Festivalchef Hermann Lewen ablaufen. Doch mit dem Abschlusskonzert im Herbst nächsten Jahres ist endgültig Schluss - zumindest in der alten Konstellation. Das drohende Aus für das kulturelle Kleinod hat inzwischen die Politiker zwischen Cochem und Trier in Alarmbereitschaft versetzt. Vorletzte Woche reiste sogar Kultur-Staatssekretär Roland Härtel aus Mainz zu einer Krisen-Konferenz mit Landräten und Oberbürgermeistern bei ADD-Präsident Josef Peter Mertes im Kurfürstlichen Palais an. Wenige Tage nach der höchst vertraulichen Runde meldete die Deutsche Presseagentur optimi-stisch, man habe sich über eine neue Trägergesellschaft für das Festival verständigt. Eine Einschätzung, die alle Beteiligten nachhaltig dementieren. Einigkeit herrscht lediglich in dem Bekunden, die Moselfestwochen erhalten zu wollen, und in der Hoffnung, es werde sich schon irgendeine Lösung finden. Das ist freilich nicht so einfach. Denn Kultur kostet Geld, und das ist knapp. Auf 750 000 Euro schätzen Insider die Kosten einer eigenständigen Festwochen-GmbH, weniger als die Hälfte davon hat die Veranstaltungsreihe in den letzten Jahren an Erlösen erzielt. Da kommt schnell ein Zuschussbedarf von einer halben Million Euro zusammen. Die versammelte Runde im kurfürstlichen Palais empfand einen von Hermann Lewen vorgelegten Business-Plan als "etwas üppig" (OB Schröer) oder "ziemlich opulent" (Landrat Richard Groß). Immerhin müssen die Verwaltungschefs in ihren Räten antreten, um Geld locker zu machen, das es eigentlich nicht gibt. Das Kalkül, mit dem Land einen potenten Mitgesellschafter zu gewinnen, erwies sich als trügerisch. Eine institutionelle Förderung komme "nicht in Frage", sagt Statssekretär Roland Härtel und verweist auf Begehrlichkeiten anderer regionaler Festivals, die nicht geweckt werden sollen. Freilich, und das ist die gute Nachricht aus Mainz, wolle man die bisherige Finanzspritze auf Projekt-Ebene - die Rede ist von 140 000 Euro - uneingeschränkt fortsetzen. Derzeit wird mit dem spitzen Bleistift noch einmal gerechnet. Kultur-Macher Lewen wirbt mit dem Hinweis, dass seine GmbH künftig auch für andere Regional-Veranstaltungen wie das Wein&Gourmet-Festival und die Antikenfestspiele unterstützend tätig werden könnte - und sich somit doppelt rentiert. Dieses Konzept ließe sich leichter realisieren, wäre die Eifel mit an Bord, deren Literatur-Festival als fragiles Ein-Mann-Unternehmen organisatorische Hilfe gut vertragen könnte. Aber die Kreis- und Stadtchefs haben offenbar keine Lust mehr, mit ihrem sturen Bitburger Kollegen Roger Graef zu verhandeln. Graef und der Dauner Landrat Onnertz waren beim Gipfel im Hause Mertes schon gar nicht mehr dabei, stattdessen hatte man den Cochem-Zeller Landrat Huwer eingeladen. Das Modell, die Festival-Organisation bei der Moselland-Touri-stik anzusiedeln, ist inzwischen offenbar vom Tisch. Landrätin Beate Läsch-Weber (Bernkastel-Wittlich) hatte sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Aber eine praktikable Alternative hat noch niemand vorgelegt, und die Zeit läuft. Spätestens im Juni 2005 beginnt die Vorbereitung für 2006. Danach ist es für die Moselfestwochen zu spät.

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